Einführung des Deutschlandtickets zum 1.5.2023: Droht eine neue Welle an Verkehrseinstellungen und Abbestellungen im Stadt- und Regionalverkehr?

DBV hält Deutschlandticket für gut gemeint, aber schlecht umgesetzt

Am 11. Januar 2023 wies der Deutsche Landkreistag in einer Presseerklärung darauf hin, dass die geplante Einführung des 49 Euro-Tickets („Deutschlandticket“) zum 1. Mai 2023 dazu führe, dass das Kostenrisiko in den Kommunen abgeladen werde. Dennoch hat die Bundesregierung am 1. Februar 2023 die Änderung des Regionalisierungsgesetzes eingebracht. Im Entwurf werden die geäußerten Kritikpunkte des Landkreistages, die der DBV vollumfänglich teilt, leider nicht berücksichtigt:

  1. Wird das Deutschlandticket zum 1. Mai 2023 tatsächlich eingeführt, sind die ursprünglichen 1,5 Milliarden Euro wegen Zeitablaufs auf 1,0 Milliarden Euro zusammengeschrumpft. Und für jeden Monat im Jahr 2023, mit dem sich die Einführung verzögert, gibt es 1/12 weniger von der Gesamtsumme (für 2024 stehen dann wieder 1,5 Milliarden Euro ganzjährig zur Verfügung).

  2. Der Bund beteiligt sich ausschließlich an den Einnahmeausfällen zur Hälfte, die bei den Verkehrsunternehmen entstehen. Die andere Hälfte muss durch die jeweiligen Bundesländer übernommen werden. Doch die stehen vor einem nicht lösbaren Problem. Die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse verbietet ihnen die Neuaufnahme von Krediten. Somit bleibt ihnen nur die Möglichkeit, an anderer Stelle im eigenen Haushalt Einsparungen vorzunehmen. Wo werden diese Einsparungen greifen? Beim bestehenden Bahn- und Busangebot! Denn aus anderen Ressorts wird das Argument vorgebracht werden, was haben Volkshochschulen, Freibäder oder die Essensversorgung an Schulen mit dem Billigfahrschein zu tun!?

  3. Die Beschränkung auf den hälftigen Ersatz von Einnahmeausfällen durch den Bund schließt notwendige Investitionen in das ÖPNV-Gesamtsystem aus. Denn wenn durch ein günstiges Tarifangebot die Nachfrage steigt, sollte dort auch eine Angebotsverdichtung erfolgen. Aber die ist nicht über die Erhöhung der Regionalisierungsmittel für das Deutschlandticket abgedeckt (Stichwort: nur Ersatz der Einnahmeausfälle) und die Bundesländer mit dem Verbot der Neuaufnahme von Schulden …

Anstatt die vorgebrachten, sachlichen Argumente, die gegen den Gesetzentwurf sprechen, ernst zu nehmen, hat es mehr den Eindruck, dass die Bundesregierung das leidige Thema endlich vom Tisch haben will. Motto: Hier habt ihr pro Monat 125 Millionen Euro und jetzt lasst uns damit endlich in Ruhe.

Der DBV befürchtet, dass das Deutschlandticket, wenn es in dieser Form auch den Bundestag und den Bundesrat zustimmend ohne deutliche Aufstockung der Finanzen seitens des Bundes passiert, zu einem Totengräber für den ÖPNV werden kann. Denn für ein Mehr an Fahrgästen über den Fahrpreis zu sorgen, ohne sich Gedanken über notwendige Investitionen in Infrastruktur, Personal und Fahrzeuge zu machen, spricht nicht gerade für Weitblick.

Weiterführende Informationen:

https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regionalisierungsgesetz-deutschlandticket-216109
https://www.landkreistag.de/presseforum/pressemitteilungen/3284-kostenrisiko-des-deutschlandtickets-nicht-vor-ort-abladen

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