Auf einem Gleis am Bahnhof Pretzsch steht ein Triebwagen des Busunternehmens Vetter GmbH.
Auf einem Gleis am Bahnhof Pretzsch steht ein Triebwagen des Busunternehmens Vetter GmbH.

Offizielle Erklärung der Deutschen Regionaleisenbahn GmbH

Seit März 2005 ist die Deutsche Regionaleisenbahn GmbH als Eisenbahninfrastrukturunternehmen in der Dübener Heide tätig. Auf der Grundlage seinerzeit vom Land Sachsen-Anhalt bestellter Zugverkehre des Personennahverkehrs (sog. SPNV) zwischen Pratau - Pretzsch und Bad Schmiedeberg sowie Schienengüterverkehre im sächsischen Streckenteil von Laußig bis nach Eilenburg Ost bestand eine wirtschaftliche Grundlage für die pachtweise Übernahme des Gesamtnetzes von Pratau nach Eilenburg Ost und des Abschnitts von Pretzsch nach Torgau von der DB Netz AG.

Der Betrieb ist für die DB Netz AG nicht mehr wirtschaftlich durchführbar gewesen. Aus diesem Grunde konnte die DB Netz AG auch viele notwendige Infrastrukturmaßnahmen nicht mehr umsetzen. Insbesondere Gleisabschnitte mit defekten Bahnschwellen und Bahnübergangssicherungsanlagen noch aus DDR-Zeiten, die nicht mehr der gültigen Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung genügen oder kostenintensiv mit örtlichen Bedienkräften besetzt werden mussten, zählten unter anderem zu den Schwachstellen der Bahnanlage

Auf der Basis der SPNV-Bestellung im anhaltinischen Streckenbereich konnten die Streckenprobleme in Angriff genommen werden. So wurden beispielsweise Gleiserneuerungen zwischen Pratau und Pretzsch umgesetzt und für den Ersatz der alten Kurbelschranke am Bf Bad Schmiedeberg eine Neuplanung mit Durchführung eines Baurechtsverfahrens durchgeführt.

Mit dem Aufgabenträger in Sachsen-Anhalt, der NASA GmbH, stimmte die DRE auf freiwilliger Basis auch Beschleunigungsmaßnahmen ab. So sollten u.a. weitere Bahnübergänge technisch gesichert werden, um die Fahrgeschwindigkeit auf dem Gleis zu erhöhen. Leider entschied sich das Land Sachsen-Anhalt überraschend, den regulären SPNV zum Fahrplanwechsel 2007/2008 einzustellen. Damit entfiel schlagartig eine wesentliche Säule der Infrastrukturfinanzierung.

Dank der Initiative der DRE konnte zusammen mit dem örtlichen Busunternehmen als kurzfristig ein Auffangprojekt auf die Beine gestellt werden. Zwar wurde der Zugverkehr auf zunächst nur fünf Zugpaare montags bis freitags stark reduziert, doch die Bahn fuhr ohne Unterbrechung weiter. Die Regieebene wechselte auf den Landkreis Wittenberg über bei finanzieller Unterstützung durch das Land. Dieses „Schmiedeberger Modell“, welches es durch den damaligen Landesverkehrsminister Dr. Daehre (CDU) persönlich eröffnet wurde, konnte in den Folgejahren weiter optimiert werden. Der Busbetreiber, der dann auch den Triebwagenverkehr selbst durchführte, entwickelte ein gut abgestimmtes Bahn-/Busangebot, und auch am Wochenende ging es wieder per Bahn in die Kurstadt Bad Schmiedeberg. Zwar sanken die Infrastrukturerlöse drastisch ab, doch mit einigen Kompromissen konnte auch der Streckenbetrieb fortgesetzt werden. Ungeachtet dessen baute die DRE auch einen vollkommen neuen Haltepunkt am Kurzentrum.

Mit dem Amtsantritt des Landesverkehrsministers Webel (CDU) kam es trotz verkehrlicher Erfolge zur Streichung der Landesmittel und damit zum Aus für das „Schmiedeberger Modell“. Hieran konnten auch die zum Lutherjubiläum in 2017 letztmals bestellten Züge nichts ändern.

Während die Infrastrukturerlöse im anhaltischen Bereich quasi vollständig entfielen blieben die Infrastrukturaufgaben bestehen. Die Eisenbahnbehörde des Landes Sachsen-Anhalt fordert jenseits jeglicher Verhältnismäßigkeit die Umsetzung aller Maßnahmen ungebremst ein. Die ausbleibende Finanzierung bei hoher gleichzeitig Instandhaltungslast führte dann zwangsweise zur betrieblichen Sperrung der Strecke.

Die vom Land zumindest noch in Aussicht gestellten „Eventverkehre“ an ausgewählten Fahrtagen mögen zwar auf den ersten Blick interessant wirken. Angesichts der massiven baulichen Maßnahmen und den zudem noch extrem gestiegenen Baukosten sind die dadurch erzielbaren Infrastrukturumsätze kaum mehr als der berühmte „Tropfen auf den heißen Stein“. Auch eine vom Land für die Reparatur zweier Brücken ausgereichte Infrastrukturförderung über rund 100 T€ änderte an dieser Tatsache nichts. Zudem war diese Förderung an die vollständige Behebung aller sonstigen Streckenmängel geknüpft, ähnlich eines Koppelgeschäfts. Durch unvorhergesehene Weiterungen bei den Maßnahmen konnte die enge Terminsetzung des Förderbescheids schließlich nicht gehalten werden. Wenngleich die Reparatur beider Brückenbauwerke ordnungsgemäß ausgeführt worden ist, forderte das Land die Fördersumme komplett zurück. Die DRE kam dieser Aufforderung umgehend und vollständig nach.

Dennoch führte die DRE auch in den vergangenen zwei Jahren erhebliche Leistungen zur Mängelbeseitigung aus. Hierzu zählten neben der Reparatur der beiden Brücken u. a. auch folgende Maßnahmen:

  • Kostspielige Instandsetzung der Bahnübergangssicherungsanlagen in Eutzsch und Merschwitz nach Vandalismusschäden,
  • Durchführung der Bauwerks-, Gleis- und Weichenprüfungen,
  • Durcharbeitung von Weichen inkl. Stopf- und Richtarbeiten im Bahnhof Pretzsch,
  • Vorhaltung der Sicherungstechnik im Bahnhof Pretzsch, inkl. laufender Überprüfung,
  • Laufende Instandhaltung an der Gleisanlage, einschl. Austausch abgängiger Bahn-schwellen und Stopf- und Richtarbeiten,
  • Wiederherstellung des Schotterprofils zwischen Bad Schmiedeberg und Söllichau
  • Vegetationsrückschnitt.

Insofern müssen wir leider feststellen, dass die Landesregierung unzutreffend über die Aktivitäten der DRE berichtet: Auf eine Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Lieschke (KA 8/1163 vom 02.12.2022) behauptete diese hinsichtlich der Mängelbeseitigung wahrheitswidrig, „der Infrastrukturbetreiber hätte bei der Umsetzung der dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht mitgewirkt“.
Die folgenschwere Entgleisung eines Regionalzugs auf der DB-Bahnstrecke München–Garmisch-Partenkirchen am 3. Juni 2022 förderte nun noch ein weiteres Infrastrukturproblem bei DB-Strecken zu Tage: Gefährliche Spannungsrisse bei bestimmten Betonschwellen. Eine genauere Analyse des Oberbauzustands führte zur Erkenntnis, dass genau solche Schwellen auch im Streckenbereich zwischen Pretzsch und Bad Düben über mehrere Kilometer durch den Vorbetreiber DB Netz AG verbaut worden sind. Die DRE musste feststellen, dass mit diesem Schadschwellenproblem nun endgültig keinerlei Option eines lückenlosen Weiterbetriebs existierte. Die Sicherheit des Weiterbetriebs wäre hier nicht mehr zu verantworten gewesen, eine Sanierung ohne umfangreiche Bestellgarantien oder annehmbaren Förderzusagen nicht durchführbar.

Gemäß den Regularien des Allgemeinen Eisenbahngesetzes erfolgte daher die Ausschreibung dieses Streckenabschnitts. Durch diese Ausschreibung wird insbesondere auch jenen „Kräften“ die Möglichkeit des Weiterbetriebs geboten, die hier offenbar noch andere Erhaltungsmöglichkeiten sehen. Die Kostensumme für die Instandsetzung dieses Abschnitts schätzt die DRE auf 8 bis -9 Mio. Euro. Möglichen Nachbetreibern wird anheim gestellt, eigene Berechnungen durchzuführen.

Sofern binnen eines Zeitraums von drei Monaten kein Nachbetreiber gefunden werden kann, würde die DRE einen Stilllegungsantrag beim Land stellen. Die DRE wird sich fortan auf den Weiterbetrieb der Abschnitte Pratau - Pretzsch und Bad Düben - Eilenburg Ost konzentrieren.

Die Deutsche Regionaleisenbahn GmbH ist angetreten, um Bahnstrecken zu erhalten. Da der Eisenbahninfrastrukturbetrieb grundsätzlich über Trassennutzungsentgelte zu refinanzieren ist, sind allen Erhaltungsbemühungen jedoch enge Grenzen gesetzt. Die Länder haben es in der Hand, Eisenbahninfrastrukturen durch die Bestellung eines soliden Grundangebots im SPNV zu sichern. Machen sie hiervon keinen Gebrauch oder beenden sogar erfolgreiche Modellprojekte, ist eine Streckenaufgabe jedoch oftmals unausweichlich.

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