Künftige Struktur der Deutschen Bahn/Schaffung eines neutralen Netzbetreibers

Im DB-Konzern sind derzeit sowohl Transportgesellschaften als auch Infrastrukturgesellschaften gebündelt. Um volkswirtschaftliche Ziele im Sinne der Daseinsvorsorge umzusetzen, ist die derzeitige Struktur der Infrastrukturbereiche (Netz, Station & Service, Energie) in Form von Kapitalgesellschaften nicht zielführend. Um die Schiene als Verkehrsträger zu fördern bzw. das Netz robuster zu machen, muss der Zwang, mit den Netzbereichen Gewinne zu erwirtschaften, aufgegeben werden. Der Deutsche Bahnkunden-Verband (DBV) schlägt daher für die derzeitigen Infrastrukturbereiche der Deutschen Bahn (Netz, Station & Service, Bahnstromnetz, jedoch ohne den wettbewerblichen Bereich der Bahnstromlieferung) die Bildung eines neutralen Aufgabenträgers in Form z. B. einer Anstalt des öffentlichen Rechts (AdöR) für die Eisenbahninfrastruktur des öffentlichen Rechts vor. In dieser Institution müssen der Bund, aber auch die Bundesländer vertreten sein. Ziel muss dabei die Einbeziehung aller Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) sein.

In der gegenwärtigen Struktur bestehende Beherrschungs- und Gewinn-abführungsverträge werden mit dieser Strukturreform (Bahnreform 2) aufgehoben. Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen müssen dabei über Qualitätsziele gesteuert werden.

In diesem Zusammenhang müssen die Trassengebühren auf die unmittelbaren Kosten des Zugbetriebs gesenkt werden (Grenzkosten als Grundlage für die Trassenpreisbildung). Die Differenz zu den Vollkosten trägt die öffentliche Hand. Zum Vergleich: Auf dem Großteil des Straßennetzes werden schließlich überhaupt keine Nutzungsgebühren erhoben (eine Ausnahme bildet lediglich der LKW-Verkehr). Eine Kostendeckung im betriebswirtschaftlichen Sinn wird vom Verkehrsträger „Straße“ nicht erwartet.

Organisation/Umsetzung des Deutschlandtakts auf Grundlage eines Fernverkehrsgesetzes

Auch mit dem dritten Entwurf des Zielfahrplans zum Deutschlandtakt wird keinerlei rechtlich verbindliches Bedienangebot festgelegt.

Leistungen auf Fernverkehrslinien sollen, wie bislang auch, grundsätzlich freiwillig und auf eigenwirtschaftlicher Basis erbracht werden. Dieser Ansatz birgt für eine konsequente Umsetzung bzw. eine dauerhaft hohe Qualität des Deutschlandtakts jedoch erhebliche Risiken. Ausschreibungen von Fernverkehrsleistungen, verbunden mit einer Aufgabenträgerschaft, lehnt der Bund bislang konsequent ab. Entsprechend Artikel 87e Absatz 4 des Grundgesetzes (GG) wird dem Bund dagegen die Verantwortung für die Daseinsvorsorge im Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) zugewiesen. Die seitens des Bundes bislang praktizierte ausschließliche Beschränkung auf den Infrastrukturausbau ist als alleinige Maßnahme keine Garantie dafür, dass anschließend Verkehrsangebote im Schienenpersonenfernverkehr tatsächlich erbracht bzw. in der benötigten Qualität überhaupt erbracht werden können. Dies entspricht nicht dem Anliegen benannter gesetzlichen Regelung.

Für einen konsequent funktionierenden Deutschlandtakt können jedoch Angebotslücken aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit von auf eigenwirtschaftlicher Basis betriebenen Fernverkehrszügen in einzelnen Taktlagen nicht akzeptiert werden.

Mit dem Fernverkehrsgesetz kann dagegen die bestehende gesetzliche Lücke endlich geschlossen und eine systematische Organisation des Fernverkehrsangebots mit dem Ziel einer konsequenten Umsetzung des Deutschlandtakts gewährleistet werden. Durch eine Ausschreibung von Teilnetzen des Fernverkehrs besteht somit auch die Möglichkeit für einen intramodalen Wettbewerb.

Bestandteil der gesetzlichen Regelungen muss dabei aber auch die gegenseitige Anerkennung von Fahrausweisen sein (d.h. Schaffung eines Deutschlandtarifs).

Der seitens des Deutschen Bahnkunden-Verbands (DBV) entwickelte Arbeitsstand für ein Fernverkehrsgesetz ist in der Anlage zur Information beigefügt.

Elektrifizierungsoffensive für die Schiene

Als Beitrag zur (notwendigen) Erreichung der Klimaschutzziele ist nach Meinung des Deutschen Bahnkunden-Verbands (DBV) ein verbindliches Sofortprogramm zur Streckenelektrifizierung (d.h. die Ausrüstung der Strecken mit Oberleitung) erforderlich, so dass

• bis zum Jahr 2025 insgesamt 70 Prozent des Streckennetzes elektrifiziert und
• bis zum Jahr 2030 insgesamt 75 Prozent des Streckennetzes elektrifiziert sind.

Um das für 2025 benannte Ziel zu erreichen, müssen jährlich ca. 570 Kilometer Strecke elektrifiziert werden. Allein mit den im Bedarfsplan für die Bundesschienenwege erfassten Maßnahmen ist dieses Ziel nicht zu erreichen, da die Realisierung vieler dieser Projekte weit über das Jahr 2030 hinausreicht.

Folgende Strecken müssen beispielsweise Bestandteil eines Sofortprogramms zur Streckenelektrifizierung werden:

• die Strecke Itzehoe – Westerland (Sylt) mit den Stichstrecken Wilster – Brunsbüttel und Niebüll – Dagebüll (Mole);
• die Strecke Bremerhaven – Cuxhaven (als Lückenschluss zur bereits geplanten Elektrifizierung der Strecke Stade – Cuxhaven);
• die Strecke Berlin – Küstrin-Kietz – Grenze Deutschland/Polen (Ostbahn);
• die Strecke Dresden – Görlitz – Grenze Deutschland/Polen.

Das benannte Sofortprogramm zur Streckenelektrifizierung muss dabei nicht nur die konkreten Termine der Umsetzung der Einzelprojekte und die Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel beinhalten, sondern auch den Aufbau dafür notwendiger Planungskapazitäten.

 

 

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