Wunsch der IG Verkehr zum Entscheid pro Straßenbahn in 2023 als Weihnachtskarte Zeichnung/Gestaltung: Paul Bachmann
Wunsch der IG Verkehr zum Entscheid pro Straßenbahn in 2023 als Weihnachtskarte

Das Jahr 2022 neigt sich seinem Ende zu und wie immer werfen wir gemeinsam kurz einen Blick zurück, auf das, was in diesem Jahr geschehen oder nicht geschehen ist.

Wir warten auf die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie für die Tram, die letztes Jahr, dann in diesem Jahr erscheinen sollte. Jetzt heißt es aus dem Rathaus – im Frühjahr 2023 soll es soweit sein. In der Zwischenzeit haben wir die von uns geplante Tramtrasse vom Grüttpark bis zum Zentralklinikum weiter verlängert und die Pläne an die Verwaltung geschickt, mit der Bitte, sie an das Fachbüro weiter zu leiten. Der direkte Kontakt zwischen dem Fachbüro und den Ingenieuren der IG Verkehr, der nur das Fachliche betrifft, wurde von der Verwaltung untersagt. Momentan beschäftigen wir uns mit der Überprüfung der vorhandenen Buslinien in Lörrach und staunen, dass manche von ihnen sich während der Fahrt bis zu vier Mal in eine andere Linie verwandeln. Wenn man in eine Richtung mit dem Bus fährt, kommt man meistens nicht auf demselben Weg zurück, was die Orientierung erschwert.

Währenddessen erreichen uns aus verlässlichen, politischen Quellen aus der Schweiz Infos, die beunruhigend sind: Unsere politischen Interessenvertreter machen in der Schweiz Stimmung gegen die Tramtrasse in Lörrach, indem sie sie als zu teuer und unrentabel bezeichnen, was mehrere Studien übereinstimmend bewiesen haben sollten (welche Studien? Es gibt keine.) und sogar Forderungen an die Schweiz stellen, die dort auf heftige Ablehnung stoßen: Die Tramtrasse in LÖ soll vollständig von der Schweiz finanziert werden. Es ist so, als ob jemand, der sich ein Auto zulegen will, zu seinem Nachbarn geht und von ihm verlangen würde, es zu finanzieren.
Kurz zu Finanzierung der Tramtrasse: Der Bund hat die Finanzierungsmöglichkeiten solcher Projekte verbessert und trägt inzwischen 75% der Kosten. Wenn wir weitere Finanzierungsmöglichkeiten dazu rechnen, dann würden bei Lörrach 5% bis höchstens 10% der Kosten bleiben, für eine nachhaltige Investition für Generationen. Dennoch greift Lörrach nicht zu. Die genauen Informationen zur Finanzierung solcher Projekte bekommen wir regelmäßig direkt vom Verkehrsausschuss des Bundestages.

Es gibt Gruppierungen und Parteien in der Stadt, die den Fokus nur auf die Fahrradwege und Fahrradstraßen lenken, am besten dort, wo sie selbst wohnen. Nichts gegen die Fahrradwege, dennoch helfen sie nachweislich nicht, den Verkehr zu reduzieren. Den Kürzeren ziehen automatisch die Straßen, wohin der wachsende Verkehr verschoben wird. Die Fahrradzähl-Säule am Berliner Platz zeigte an einem Donnerstag gegen 18 Uhr nur 260 Fahrradquerungen an. Wenn man bedenkt, dass die meisten Fahrradfahrer auf demselben Weg zurückfahren (sie werden zwei Mal gezählt), dann ist ihre tatsächliche Anzahl viel geringer als öffentlich kommuniziert wird. Daneben fahren Tausende von Autos, die nicht gezählt werden. Am Sonntag waren kurz nach 17 Uhr 40 Radquerungen zu verzeichnen, während auf der Straße ein reger Autoverkehr herrschte.

Was passiert aber, wenn die Tramtrasse in Lörrach nicht gebaut wird und nur der S-Bahn-Takt auf 15 Minuten erhöht wird (aber nur, wenn die Riehener zugunsten von Lörrach dem zweigleisigem Ausbau der Schienen und ihrer Tieferlegung auf ihrem Gebiet zustimmen sollten)? Die Kosten dafür soll auch allein die Schweiz tragen.

Aus Mangel an gut ausgebautem ÖPNV in der Fläche wird der Verkehr zwangsläufig weiterhin steigen. Zu Stoßzeiten heute schon stehen Autos entlang der Autobahn auf der Standspur, bevor sie am Hasenloch nach Lörrach oder ins Wiesental abbiegen können. In der Stadt selbst wird es immer enger, dennoch passiert nicht viel, um den Verkehr wirklich zu reduzieren. Die Autofahrer werden lediglich unfreundlich angesehen, obwohl sie keine Möglichkeit bekommen, auf den ÖPNV umzusteigen. Die Tieferlegung der Schienen in Riehen, was auf der Lörracher Seite einen 15-minütigen S-Bahn-Takt ermöglichen würde, würde die Verkehrssituation in Lörrach (minimal) verbessern und zugleich weiter verschlechtern. Der ÖPNV in der Fläche würde weiterhin fehlen und die Wartezeiten an den Schranken würden noch länger werden. Die Kosten dafür wären aber enorm und eigentlich heute nicht zu beziffern. Zwar würde sie die Schweiz allein tragen, was aber langfristig zu Verstimmungen und Konflikten zwischen Basel und Lörrach führen könnte, wenn diese Kosten ins Unermessliche steigen sollten. Diese Möglichkeit besteht, wenn wir auf Stuttgart blicken.

Die S-Bahn-Haltestelle am Zentralklinikum könnte realisiert werden aber mit einem sehr großen finanziellen und technischen Aufwand. Die Einschätzung der Fachleute, die wir zu Rate ziehen, fällt deswegen negativ aus. Es bedeutet, dass die Anbindung des Zentralklinikums für Jahrzehnte nur mit Autos (die Zahl der Parkplätze dort wurde von 1000 auf 1200 erhöht) und mit Fahrrädern erfolgen wird. Zusätzlich soll ein Bus zwischen S-Bahn-Halt Brombach und Zentralklinikum fahren, was nur auf dem Papier gut aussieht. In der Realität wird es nicht funktionieren, wie die Überprüfung eines externen Beraters ergab. Wir haben Herrn OB Lutz darüber vor etwa drei Monaten in Kenntnis gesetzt und stellen fest, dass plötzlich der Busverkehr und Gründung von weiteren, neuen Gremien, wie ein Fahrgastbeirat, ein Thema geworden sind. Wir haben einen Sitz im Klimabeirat und stellen fest, dass, je mehr Gremien gebildet werden, die nur aus Laien bestehen, umso weniger man erreichen kann. Es entsteht sogar der Eindruck, dass das Fachwissen stört und folglich ausgeklammert wird. Das Reden des Redens wegen wird gefeiert.

Nach der Umstrukturierung im Rathaus ist der Bereich Mobilität und Verkehr gänzlich aus der Öffentlichkeit verschwunden. Es sind drei Personen dafür zuständig, zwischendurch hört man, dass es doch zwei seien. Keiner weiß es genau. Über die Verkehrsmaßnahmen, die in der Stadt umgesetzt werden, wird der Gemeinderat von Herrn Dullisch lediglich informiert. Alle diesbezüglichen Entscheidungen werden hinter geschlossenen Türen gefällt, ohne dass man erfährt, von wem genau und warum.

Zum Schluss eine gute Nachricht, die zwar nicht Lörrach betrifft aber dennoch für einen Lichtblick sorgt.

In einer bundesweiten Video-Konferenz der Traminitiativen vor circa zwei Wochen wurde aus Kiel berichtet, dass die dortige Verwaltung zusammen mit dem Gemeinderat und engagierten Bürgerinnen und Bürgern der dortigen Traminitiative an die Umsetzung von 4 Tramlinien auf einmal geht, auf einer Länge von insgesamt 36 Kilometern und für 1 Milliarde Euro! Ja, für eine Milliarde Euro! Es ist möglich gewesen, weil alle an einem Strang gezogen haben, ohne dass die Grünen nur die Fahrradstraßen bauen wollten. Übrigens, in der Videokonferenz wurde aus verschiedenen Städten auch berichtet, dass die Grünen sich vielerorts zu Gegnern der Tramlinien entwickelt haben und nur für den Bau von Fahrradstraßen seien. Das Problem kennen wir aus Lörrach.

Die schöne Weihnachts- und Neujahrskarte im Anhang hat für die IG Verkehr, wie jedes Jahr, unser Schweizer Freund und Künstler, Paul Bachmann gestaltet. Herzlichen Dank dafür, lieber Paul! Herzlich bedanken möchten wir uns bei den Ingenieuren22 Stuttgart für ihre hervorragende, fachliche Arbeit und bei dem DBV (Deutscher Bahnkunden-Verband) für seine Unterstützung! Und herzlichen Dank an alle, die die ehrenamtliche Arbeit der IG Verkehr schätzen und mit öffentlichen Wortmeldungen und Leserbriefen unterstützen!

Ich wünsche Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes, glückliches und erfolgreiches neues Jahr 2023, ohne Kriege und ohne Corona.

https://www.igverkehr.de/

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