Desaster für U-Bahn-Fahrgäste am Alexanderplatz
Berliner Fahrgastverband IGEB fordert vom Senat konsequentes Handeln gegenüber dem für die U2-Havarie verantwortlichen Bauherren und Schlussfolgerungen für künftige Baumaßnahmen neben U-Bahn-Tunneln
Am 7. Oktober 2022 kam die erschreckende Nachricht, dass am Alexanderplatz die U-Bahn-Linie 2 nur noch im 15-Minuten-Pendelverkehr zwischen Klosterstraße und Senefelderplatz fahren kann und somit der zentrale Umsteigebahnhof Alexanderplatz aus beiden Richtungen der U2 auch nur noch alle 15 statt alle 4 bis 5 Minuten erreicht werden kann. Denn im U-Bahnhof Alexanderplatz hatten die Bauarbeiten für ein angrenzendes privates Hochhausprojekt zu schweren Schäden am Tunnel geführt.
Nun hatte es in der Vergangenheit an der U2 schon vergleichbare Probleme gegeben. Am bekanntesten ist wohl die Havarie 2012 beim Bau der Mall of Berlin am Leipziger Platz, die eine mehrwöchige vollständige Einstellung des U-Bahn-Verkehrs auf diesem Abschnitt der U2 erzwang.
Doch am Alexanderplatz ist kein Ende der für die Fahrgäste unerträglichen Situation in Sicht. Seit über einem viertel Jahr wird gestritten, wer was wann an wen an Dokumenten übergeben hat und wer für welche Entscheidung zuständig ist. Damit ist noch immer kein Beginn der Reparatur geschweige denn ein Datum der Wiederinbetriebnahme erkennbar.
Daher fordert der Berliner Fahrgastverband IGEB:
Aktuell
Der Firma Covivio, Bauherr für das Hochhaus, müssen klare Fristen gesetzt werden. Zum einen muss Covivio nach einer festen Vorgabe alle geforderten Unterlagen vorlegen. Dazu gehört auch, das Datum, zu dem die Sanierung abgeschlossen sein wird.
Wenn Covivio diese Unterlagen nicht in dieser Frist vorlegen und auch kein Datum zur Instandsetzung nennen kann, dann muss die sogenannte Ersatzvornahme greifen. Dabei muss dem Baubereich der BVG gestattet werden, zuerst eine umfassende Schadensaufnahme im Außenbereich des Tunnels vorzunehmen. Die Ersatzvornahme muss durch die zuständigen Senatsverwaltungen veranlasst werden.
Danach muss die BVG auf Grundlage der Schadensaufnahme ein Sanierungskonzept für den U-Bahnhof erarbeiten und auf Kosten von Covivio umsetzen.
Zurzeit ist das Ausmaß des Schadens nicht ansatzweise zu überblicken. Muss und kann der über 100 Jahre alte abgesackte Tunnel angehoben werden? Kann die Tunnelwand entlang der privaten Baugrube saniert oder muss sie neu aufgebaut werden?
Es ist nicht abwegig, zu befürchten, dass ein Worst-Case-Szenario eintritt und der U-Bahnhof teilweise oder ganz neu gebaut werden muss. Das ist vergleichbar mit einem Brand im Tunnel der heutigen U2 unweit der jetzigen Schadensstelle im Jahr 1972. Dabei wurde der Tunnel im Bereich der Abstellanlage nördlich des U-Bahnhofs zerstört und musste neu gebaut werden. Das hatte in der Hauptstadt der DDR weitreichende Konsequenzen für den Verkehr im Ostberliner Stadtzentrum.
Für die Zukunft
Zugleich müssen Schlussfolgerungen für künftige Baumaßnahmen im Bereich essenzieller Infrastruktur der Stadt Berlin erfolgen. So müssen Arbeiten unmittelbar neben U-Bahn-Tunneln zwingend durch eine Nachbarschaftliche Vereinbarung zwischen der BVG und dem jeweiligen Bauherren abgesichert werden. Diese Vereinbarung muss durch die zuständigen Senatsverwaltungen begleitet und kontrolliert werden. Bei entsprechenden Bewegungen und Veränderungen an Tunnelanlagen muss es frühzeitige Möglichkeiten des Einschreitens geben, damit es erst gar nicht zu solchen Havarien wie an der U2 kommt. Dabei ist auch zu prüfen, ob der Bauherr eine dem potenziellen Schaden angemessene Sicherheitsleistung hinterlegt, die sich am Worst-Case-Szenario orientieren muss. Das wäre am Alexanderplatz eine Summe von vermutlich ca. 50 Millionen € gewesen.
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