Hamburger Hauptbahnhof mit einem Regionalzug. Foto: Pixelio, Rainer Sturm
Hamburger Hauptbahnhof mit einem Regionalzug. Foto: Pixelio, Rainer Sturm

Die Chance zur Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Deutschland wird mit dem Deutschlandticket nach Meinung des DBV nicht ergriffen. Geburtsfehler trüben die Freude, denn bekannte Probleme werden nicht gelöst. Verkehrspolitische Akzente für die Zukunft werden nicht gesetzt.

Ab 1. Mai 2023 soll sie kommen: eine Monatskarte für Bahn und Bus im Stadt- und Regionalverkehr. Deutschlandweit gültig, preislich attraktiv und ohne regional unterschiedliche Einschränkungen und Ausnahmen. Einsteigen und losfahren. So einfach soll die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel werden. Allerdings befürchtet der DBV, dass bereits kurzfristig die Qualität und damit die Attraktivität des Gesamtsystems ÖPNV dauerhaft leidet. Denn viele Fragen sind weiterhin unbeantwortet.
Das Bundesfinanzministerium gibt 1,5 Milliarden pro Jahr (2023 anteilig) dazu, wenn die Länder die andere Hälfte finanzieren. Keinen Cent mehr. Ausdrücklich ist von der hälftigen Finanzierung von Einnahmeausfällen die Rede. Möchten die Aufgabenträger (die für die Bestellung und Bezahlung der Bahn- und Busverkehre verantwortlich sind) auf eine steigende Nachfrage durch den Mehreinsatz von Fahrzeugen oder Taktverdichtungen reagieren und dafür Fahrzeuge anschaffen, Personale einstellen oder die Infrastruktur ausbauen, so müssen sie dies komplett selber finanzieren. Dazu wird ihnen aber das Geld fehlen. Gleiches gilt bei der Neueinrichtung von Verkehren. Angebotsverbesserungen werden nicht zusätzlich finanziert. Der Geiz des Finanzministers gilt offenbar nur dem öffentlichen Verkehr. Denn wenn es um die Förderung von Elektroautos geht, ist er wesentlich freizügiger. So stieg laut Subventionsbericht der Bundesregierung das Budget für „Zuschüsse zum Kauf elektrisch betriebener Fahrzeuge“ von 1,6 Milliarden Euro in 2021 auf 2,1 Milliarden Euro in 2022.

Auch wird es nach jetzigem Stand keinen Ermäßigungstarif und keinen Papierfahrschein geben. Eine weitere Hürde und verbunden mit vermeidbarem Mehraufwand für die Unternehmen: das Deutschlandticket ist ein Jahresabo, das aber monatlich gekündigt werden kann. Diese drei Einschränkungen sind unverständlich und werden dazu führen, dass der Erfolg nicht so groß wird, wie er werden kann.

Der DBV begrüßt die Einführung des Deutschlandtickets grundsätzlich. Jedoch ist er nach jetzigem Stand im Grunde nur eine Veränderung der Finanzierung – das macht die ausdrückliche Festlegung auf die Beschränkung des möglichen Einnahmeausfalls deutlich. Für eine Stärkung des ÖPNV braucht es eines weitergehenden Konzeptes. Mit Mechanismen, wie er attraktiver und zuverlässiger wird, wie es ein Angebot auch dort gibt, wo bisher noch kein Bus fährt, es keine Streckenstilllegungen im Schienenverkehr gibt. Und nicht zuletzt muss auch ein Ermäßigungsfahrschein das Angebot komplettieren. Solange es nur darum geht, den Status Quo zu halten, werden die seit Jahren bekannten Probleme der Unterfinanzierung, des Personalmangels und der Unzuverlässigkeit einfach nur fortgeschrieben und nicht gelöst.

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