In der Regel jährlich verleiht der Deutsche Bahnkunden-Verband in verschiedenen Kategorien seit 41 Jahren den undotierten Deutschen Schienverkehrs-Preis. Wer ihn bisher erhalten hat und das Procedere der Verleihung können Sie hier nachlesen:

Liste der Preisträger und Ehrungsordnung (Stand: 28.4.2025)


Aktuelles Programm für die 42. Deutschen Schienenverkehrs-Wochen (Stand: 22.09.2025)


Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge für den SVP!


Preisverleihung der Deutschen Schienenverkehrspreise in 2025

Laudatien 

Kategorie Medien-Preis 2023 an das Privatbahn-Magazins. Laudatio gehalten von Frank Böhnke, DBV-Vizepräsident

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Höft, sehr geehrte Damen und Herren,

es ist mir eine Freude, heute die Laudatio auf das "Privatbahn-Magazin" zu halten, das den Preis in der Kategorie Medien des Deutschen Schienenverkehrs-Preises erhält.

Das Zulassen anderer Meinungen wird in der heutigen Zeit mehr und mehr zum Problem. Maniplulation, Faktenleugnung, Falschdarstellungen und Lügen beherrschen oft den öffentlichen und privaten Diskurs und führen dazu, dass sich jeder nur noch in seiner "Meinungsblase" aufhält. Eine Meinung zu haben, setzt Wissen und die Bereitschaft voraus, andere Meinungen zu akzeptieren, die eigene ggf. zu korrigieren und dazuzulernen.

Das "Privatbahn-Magazin" hat sich seit seiner Gründung als unverzichtbare Informationsquelle für die Bahn- und Logistikbranche etabliert. Mit seiner Berichterstattung und Themenauswahl bietet es eine Plattform, die sowohl Fachleute als auch interessierte Laien anspricht. Das Magazin erscheint alle zwei Monate und erreicht im Durchschnitt über 8.000 Lesende und Mitlesende – eine beeindruckende Reichweite, die die Bedeutung und den Einfluss des Magazins unterstreicht.

Das "Privatbahn-Magazin" hat sich in den letzten Jahren als unverzichtbare Informationsquelle für alle etabliert, die sich für Themen rund um den Schienenverkehr, der privaten Bahngesellschaften und Fragen der Transportlogistik in Deutschland interessieren, über den eigenen Tellerrand schauen wollen und neugierig sind auf das, was andere denken und entwickeln. Es bietet eine fundierte Berichterstattung und eine breite Themenvielfalt ohne zu bevormunden oder für sich die alleinige Wahrheit in Anspruch zu nehmen.

Die Inhalte des "Privatbahn-Magazins" zeichnen sich durch die Fähigkeit aus, komplexe Themen verständlich und anschaulich darzustellen. Ob es um technische Innovationen, wirtschaftliche Entwicklungen oder politische Rahmenbedingungen geht – das Magazin liefert präzise und umfassende Informationen, die sowohl Fachleute als auch interessierte Laien ansprechen.

Besonders hervorzuheben ist die breite Themenauswahl, die das "Privatbahn-Magazin" bietet. Von der Darstellung regionaler, nationaler und internationaler Projekte über die Analyse von internationaler Trends bis hin zu Porträts von Unternehmen und Persönlichkeiten – das Magazin deckt alle Facetten des Schienenverkehrs ab und schafft es dabei, immer wieder neue und spannende Perspektiven zu eröffnen.

Das "Privatbahn-Magazin" ist aber nicht nur ein Informationsmedium, sondern auch ein Forum für den Austausch und die Diskussion; es ist Bestandteil der Meinungsbildung im Verkehrs- und Logistikbereich. Es fördert den Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren der Branche und trägt so maßgeblich zur Weiterentwicklung des Schienenverkehrs in Deutschland bei.

Ein besonderes Merkmal des "Privatbahn-Magazins" ist sein Redaktionsbeirat, der aus 15 Persönlichkeiten aus der Branche besteht. Diese Experten bringen ihre Fachkenntnisse und Erfahrungen ein und sorgen dafür, dass die Inhalte des Magazins stets aktuell und relevant sind. Ihre Expertise ist ein wesentlicher Grund für die hohe Qualität der Berichterstattung.

Seit 2008 vergibt das "Privatbahn-Magazin" den Innovationpreis für ausgezeichnete Produkte, die im Zeichen von Recycling, Lärmschutz und effizienter Nutzung von Energie stehen. Dieser Preis ist ein weiteres Zeugnis für das Engagement des Magazins, innovative und nachhaltige Lösungen in der Bahn- und Logistikbranche zu fördern.

Die Auszeichnung mit dem Deutschen Schienenverkehrs-Preis ist daher verdient. Sie ist ein Zeichen der Anerkennung für die herausragende Arbeit, die das "Privatbahn-Magazin" leistet, und ein Ansporn, auch in Zukunft mit der gleichen Leidenschaft und Professionalität weiterzumachen.

Ich gratuliere dem gesamten Team des "Privatbahn-Magazins" zu diesem großartigen Erfolg und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und viele spannende Geschichten, die es zu erzählen gilt.

Herzlichen Glückwunsch!


Kategorie Bürger- und Vereinspreis 2024 an Förderverein Lokalbahn Hauzenberg - Passau e. V. Laudatio: Jörn Schneider, Präsident des Verbands nichtbundeseigener Eisenbahn-Infrastrukturbetreiber -VNEI- (wegen krankheitsbedingter Abwesenheit ersatzweise Laudatio durch Frank Böhnke, DBV-Vizepräsident)

Sehr geehrte Frau Bauer, sehr geehrte Damen und Herren,

seit 2014 ist die Bayerische Regionaleisenbahn GmbG (BRE) Eigentümerin der Strecke von Passau-Voglau nach Hauzenberg (25 km) und Obernzell (5 km).

Die noch in Teilen stillgelegte und von der DB aufgegebene Strecke eignet sich hervorragend als Stadtbahn, die in einem integrierten ÖPNV-Konzept der Stadt Passau enorme Vorteile für Stadtbewohner, Pendler und Touristen entfalten könnte.

Aber wie so oft ist aller Anfang auch hier schwer: Streckenreaktivierungen bedürfen einer enormen Überzeugungsarbeit - insbesondere gegenüber den Entscheidungsträgern bei den Ländern und den Kommunen.

So gibt es leider auch in Passau noch Widerstände gegen ein solches Projekt. Vor allem entlang des Inns wird die Bahnstrecke von einigen Anwohnern und Lokalpolitikern als störendes Element betrachtet, die einer großzügigen Innpromenade besser Platz machen sollte.


Mit der Stilllegung der Strecke in 2007 wuchs die Gefahr einer dauerhaften Streckenbeseitigung.

„Handeln statt Abwarten“ war daher die Devise.

Zusammen mit dem Förderverein Lokalbahn Hauzenberg-Passau e.V. (gegründet 2007), dem heutigen Preisträger des Deutschen Schienenverkehrs-Preises 2024, und der vom Förderverein in 2016 gegründeten Granitbahn UG als Kooperationspartner der BRE, konnte durch viel ehrenamtliche Arbeit der erste Streckenabschnitt bis Bahnhof „Passau-Rosenau“ und dann seit August 2023 bis Passau-Lindau in Betrieb gehen.

Auf dieser Teilstrecke verkehren nun schon Zubringerzüge der Ilztalbahn über Passau Hbf zur Anlegestelle Passau-Lindau der Donau-Kreuzschifffahrt. Somit ist auch wieder eine direkte Zugverbindung zwischen Donau und Bayerischem Wald entstanden.

An der weiteren Streckenerweiterung wird gearbeitet und die Gleise bis Hauzenberg und Obernzell werden durch den Förderverein laufend von Bewuchs befreit.

Die Bayerische Regionaleisenbahn hat viel Geld in Weichen, Brücken und Bahnsteige investiert. Ab erst durch das Engagement des Fördervereins ist die Reaktivierung und der laufende Betrieb der Streckeninfrastruktur möglich.

Es ist eine echte Win-Win-Situation entstanden, denn ohne das zusätzliche Engagement des Fördervereins wäre es für die BRE aus betriebswirtschaftlichen Gründen unmöglich, die Infrastruktur zu reaktivieren. Dem gemeinnützigen Förderverein ist es hingegen gelungen, seinen Vereinszweck tatsächlich erfolgreich umzusetzen.

Besonders hervorzuheben ist, dass dieses Engagement des Fördervereins eben nicht nur fordernder Natur ist. Vielmehr hat sich der Förderverein zunehmend als ein Unterstützer profiliert, der Hand anlegt und durch seine zuverlässige und kontinuierliche Mitwirkung im kostenintensiven Bereich der Streckenherrichtung und -wartung die Wieder-Inbetriebsetzung der Gleisanlage überhaupt erst ermöglicht hat.

Auch ein gehöriger politischer Gegenwind - unter anderem seitens der Stadt Passau - konnte den Förderverein nicht aus der Bahn werfen. Ebenso haben mehrmalige Hochwasserereignisse, die immer wieder zu einer Überschwemmung und Verschlammung der Bahnstrecke führten, den Förderverein nicht entmutigt. Stattdessen wurde die Bahnanlage in kürzester Zeit wieder in einen betriebsfähigen Zustand versetzt.

Stellvertretend für den Förderverein wird der Preis an ihre langjährige Vorsitzende, Frau Heidemarie Bauer, überreicht. Ohne Frau Bauer und ihrer besonderen Zähigkeit, auch gegenüber der BRE!, wäre das Projekt wohl nicht so erfolgreich verlaufen.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle noch einige Worte zum Verband nichtbundeseigener Eisenbahn-lnfrastrukturbetreiber e.V. - VNEI.

Als neu geschaffene Interessenvertretung setzt sich der VNEI dafür ein, private und vereinsgetragene Schienenstrecken sowie Werksbahnen in Deutschland in den Fokus der politischen und gesellschaftlichen Diskussion zu rücken. Die Branche verfügt über eine Streckenlänge von rund 5.000 Kilometern und repräsentiert damit rund 15 Prozent des gesamten Schienennetzes im Bundesgebiet.

Wir möchten als Verband sicherstellen, dass die Bedeutung nichtbundeseigener Infrastruktur für die Mobilitätswende endlich die nötige Anerkennung findet. Der Verband wird künftig seine Präsenz auf Bundes- und Länderebene nutzen, um die Interessen der nichtbundeseigenen Eisenbahninfrastrukturbetreiber wirksam in Gesetzgebungs- und Entscheidungsprozesse einzubringen. Dazu gehört unter anderem die Förderung einer fairen und auskömmlichen Finanzierung, die Vereinfachung bürokratischer Vorgaben und der Ausbau digitaler Lösungen.

Als VNEI setzen wir uns somit auch für eher vereinsgetragene Bahnstrecken ein. Aus unternehmerischer Sicht können Vereine als Beteiligte eines Reaktivierungsvorhabens eine positive Rolle einnehmen, wenn sie das Wirken des rechtlichen Betreibers tatsächlich unterstützen. Dieses gilt insbesondere auch bei Strecken mit touristischem Potenzial.
Das Engagement des Fördervereins Lokalbahn Hauzenberg-Passau e.V. fällt ohne wenn und aber in diese Kategorie. Der Förderverein hat die großen Ziele vor Augen, weiß aber auch, dass nur die unermüdliche und nicht immer erquickliche Kleinarbeit an der Strecke zum Ziel führen kann.

Die erfolgte Wiederinbetriebsetzung bis Passau-Lindau entwickelt sich zu einem touristischen Highlight der Stadt und hilft, die Bahn wieder in das Bewusstsein zurückzuholen und nächste Schritte in Richtung SPNV zu beschreiten. Möglich wurde dieses allerdings nur durch eine jahrelange unterstützende Streckenarbeit des Fördervereins.

Aus all diesen Gründen gebührt dem Förderverein Lokalbahn Hauzenberg-Passau e.V. der Bürger- & Vereinspreis des Deutschen Schienenverkehrs-Preises 2024.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


Kategorie Innovations-Preis 2024 an „Aachener Railshuttle“. Laudatio gehalten durch Dipl.-Ing. Christian Schultz, DBV-Bundesvorstand Verkehr

Sehr geehrter Herr Frowein, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

lassen Sie uns nun zu einem weiteren Schienenverkehrspreis kommen, und zwar dem Innovationspreis. Dazu möchte ich ein wenig ausholen:

Die Ballungsräume unseres Landes sind aufgrund jahrzehntelanger Ausbaumaßnahmen (wie beispielsweise den S- und U-Bahn-Systemen) heute in der Regel gut erschlossen.
Abseits der Verdichtungsräume erfolgte dagegen vielfach ein sukzessiver Qualitätsabbau und eine Ausdünnung des Verkehrsangebots. Aber: Dies widerspricht dem Raumordnungsgesetz (ROG), in dem die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse gefordert wird (und zwar direkt im §1 benannten Gesetzes). Auch die Sicherung der Daseinsvorsorge ist in benanntem Gesetz geregelt (nämlich im §2 des ROG). Durch fehlenden politischen Willen wird dieser Gleichwertigkeitsauftrag jedoch nicht oder bestenfalls teilweise erfüllt. Selbst viele Mittelzentren sind heute ohne Bahnanschluss (von teilweise vorhandenen Museumsbahnaktivitäten einmal abgesehen)!

Das betrifft bundesweit über 120 Städte, die aber Versorgungsfunktionen für ihr jeweiliges Umland erfüllen sollen. Und um nur einige Beispiele zu nennen: Aurich, Clausthal-Zellerfeld und Luckau im Bundesland Brandenburg. Aber selbst Kurorte wie z.B. Bad Brückenau und Bad Orb sind betroffen – alles Orte, die wohlbemerkt einmal einen Bahnanschluss hatten!

Und: Obwohl das beliebte Deutschlandticket als Angebot leider noch nicht ausgereift ist und trotz des unbefriedigenden und peinlichen politischen Gezerres um die Finanzierung: Das Ticket war einer der ganz wenigen verkehrspolitischen Erfolge der Ampelkoalition.

Leider ist es in vielen ländlichen Räumen durch ein unzureichendes Angebot praktisch nutzlos. Denn ein im Wesentlichen aus Busverkehren bestehendes Angebot mit nur wenigen Fahrten am Tag, ggf. ohne Wochenendverkehr, mit fehlender Vertaktung, langen Umsteigezeiten und einer Streckenführung mit vielen zeitaufwändigen Umwegen, führt in ländlichen Räumen letztlich zwangsläufig dazu, dass der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) eben nicht als Alternative zum Pkw angesehen wird. Und die Folge: Zwei, drei, vielleicht auch vier Autos pro Familie. Je nachdem, wie alt die Kinder jeweils sind. Dagegen sind gute Bahnanbindungen mit attraktiven, gut ausgebauten Verknüpfungspunkten für Berufspendler, Auszubildende und Touristen gleichermaßen eine tatsächliche Alternative zur Autonutzung.

Für Gemeinden sind sie zugleich auch ein ganz wesentlicher wirtschaftlicher Standortvorteil. Es ist also höchste Zeit, etwas zu tun! Dieser Aufgabe hat sich auch das Institut für Schienenfahrzeuge der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule, kurz RWTH Aachen, in hervorragender Weise angenommen! Entwickelt wurde dort das „Aachener Railshuttle“, ein innovatives, kleines, einteiliges Fahrzeug, rund 13 Meter lang, das zudem batteriebetrieben und somit emissionsfrei unterwegs ist. Als Highlight fährt es noch dazu völlig autonom!

Und das Ziel dahinter: Passende Fahrzeuge speziell für die Erschließung ländlicher Räume; Fahrzeuge, die in der Anschaffung und im Betrieb deutlich kostengünstiger sind als traditionelle Schienenfahrzeuge. Es wird damit eine attraktive Taktung auf vorhandenen oder zu reaktivierenden Strecken selbst in dünn besiedelten Gebieten möglich. Ein durchaus denkbares Angebot im Viertelstundentakt ist für Kundinnen und Kunden dann hochattraktiv.

Der fahrerlose, automatische Betrieb sorgt dabei für Unabhängigkeit. Denn in vielen Bereichen des Lebens ist der Mangel an Fachkräften bekanntermaßen inzwischen deutlich spürbar, und das mit zunehmender Tendenz! Ich denke, jeder von uns kennt das Thema von ausgedünnten Takten in Zeiten hohen Krankenstands bei den Verkehrsbetrieben.
Der Rail Shuttle soll bzw. darf natürlich nur so schnell fahren, dass er vor einem Hindernis sicher zum Stehen kommt – aber immerhin max. 100 km/h.

Erfreulich in diesem Zusammenhang: Der Erprobungsträger wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz als Projekt „Flexibler Schienenbus für den ländlichen Raum“ auch finanziell gefördert.

Dieses innovative, wegweisende Projekt zur Verbesserung der Erschließung ländlicher Räume hat der Deutsche Bahnkunden-Verband daher ebenfalls für den Schienenverkehrspreis ausgewählt.

Herr Frowein, im Namen des Deutschen Bahnkunden-Verbands möchte ich Sie bzw. Ihre Arbeitsgruppe sehr herzlich zu dieser Leistung beglückwünschen!


Kategorie Kommunal-Preis 2024 an den Bürgermeister der Stadt Nordhorn, Thomas Berling. Laudatiogehalten durch Dipl.-Ing. Christian Schultz, DBV-Bundesvorstand Verkehr

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Berling, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

kommen wir nun zu einer weiteren Kategorie des Schienenverkehrspreises, und zwar dem „Kommunalpreis“.

Praktisch in allen Bundesländern gibt es mittlerweile Initiativen zur Reaktivierung von Bahnstrecken. Ideen bzw. Planungen gibt es zwar viele, tatsächliche Erfolge dafür umso weniger. Zuweilen muss leider auch die Ernsthaftigkeit dazu bezweifelt werden.

Ganz anders aber in der Grafschaft Bentheim in Niedersachsen!

So gibt es seit dem 6. Juli 2019 auf der rund 28 Kilometer langen Bahnstrecke Bad Bentheim – Nordhorn – Neuenhaus der Bentheimer Eisenbahn wieder Personenverkehr - dies war 45 Jahre nach dessen Einstellung! Wichtiger Bestandteil dieser Streckenreaktivierung war aber auch die Revitalisierung der einzelnen Bahnhöfe!

So entwickelte sich der Bahnhof Nordhorn seitdem zur wichtigsten Mobilitätsdrehscheibe an dieser Strecke.

Im November 2022 wurde das umfassend modernisierte Empfangsgebäude des Bahnhofs Nordhorn nach knapp zweijähriger Umbauzeit feierlich eröffnet und erstrahlt seitdem in neuem Glanz. Das lichtdurchflutete Gebäude mit großzügiger Wartehalle bildet das Bindeglied zwischen dem Bahnhofsvorplatz mit Busbahnhof und dem barrierefreien Mittelbahnsteig. Im Gegensatz zu den meisten, in recht spartanischer und in eher primitiver Weise modernisierten Stationen der DB InfraGo erhielt dieser Bahnsteig auch eine zuglange Überdachung.

Und viele weitere Serviceeinrichtungen finden sich im Bahnhof: Dazu gehören die großzügige Wartehalle, das kreativ eingerichtete Bahnhofscafé „Arends Backbar“ (das Motto hier : „Wenn die Wartezeit zur Genusszeit wird“) und das rund 90 m² große Reisezentrum des Reisebüro Berndt. Fahrgäste müssen ihre Fahrkarten somit eben nicht zwangsweise an einem Automaten kaufen, sondern haben die Möglichkeit, sich beraten zu lassen – leider mittlerweile alles keine Selbstverständlichkeit mehr auch an Bahnhöfen dieser Größenordnung.

Der Bahnhof Nordhorn ist somit ein hervorragendes Beispiel und Vorbild für eine erfolgreiche Revitalisierung mit umfassendem Service sowie hoher Aufenthaltsqualität. Es zeigt sich: Auch an kleineren Bahnhöfen lassen sich kundenfreundliche Service-Konzepte umsetzen – den entsprechenden Willen aller Beteiligten natürlich vorausgesetzt!

Der Bahnhof Nordhorn erhielt wegen seines Vorbildcharakters am 24. August 2023 von der „Allianz pro Schiene“ dann auch die Auszeichnung „Bahnhof des Jahres“. Und dies sei ergänzt - stellvertretend für die anderen Bahnhöfe bzw. Haltepunkte der Bentheimer Eisenbahn an dieser Strecke. Denn sie haben ausnahmslos alle Vorbildcharakter.

Sehr geehrte Gäste, die erfolgreiche Revitalisierung einer Strecke mit ihren Bahnhöfen gelingt jedoch nicht ohne hohen Einsatz der betroffenen Kommunen – dies soll und muss an dieser Stelle entsprechend betont und gewürdigt werden!

Aber damit nicht genug: Auch die Reaktivierung des in Neuenhaus anschließenden Streckenabschnitts bis ins niederländische Coevorden ist inzwischen ganz konkret! Erklärtes Ziel ist es, dass hier voraussichtlich ab dem 13. Dezember 2026 wieder Regionalzüge fahren!

Eine beachtliche und vorbildliche Leistung!

Auch Bahnkundinnen und Bahnkunden in unserer Region Berlin/Brandenburg wünschten sich einen solchen Einsatz, jedoch herrscht diesbezüglich praktisch Stillstand.

Die vorbildlichen Leistungen zur Verbesserung der Erschließung ländlicher Räume möchte der Deutsche Bahnkunden-Verband daher mit dem Schienenverkehrspreis würdigen.
Herr Berling, im Namen des Deutschen Bahnkunden-Verbands beglückwünsche ich Sie sehr herzlich zu dieser beachtlichen Leistung!


Kategorie Kultur-Preis 2024 an die Stadt Bebra. Meine sehr geehrten Damen und Herren,

mein Name ist Stefan Sitzmann, ich bin der Landesvorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn und Bus aus Lauterbach in Hessen. Unser Verband ist defacto die Landesvertretung des Deutschen Bahnkunden- Verbandes im Bundesland Hessen.

Ich habe heute die ehrenhafte Aufgabe die Laudatio für den Preisträger des KULTUR-PREISES 2024 zu halten. Preisträger ist die Stadt Bebra. Erlauben Sie mir, bevor ich auf das konkrete Projekt eingehe, einen kleinen historischen Spaziergang mit Ihnen zu unternehmen.

Bebra, (ursprünglich Biberaho: Dorf am Biberfluss, später Bibera). Die Siedlung war über Jahrhunderte hinweg eher ein größeres Bauerndorf das jedoch im Schnittpunkt zweier Postrouten in Richtung Eisenach/Halle sowie in Richtung Süden Deutschlands lag.

Mit Eröffnung der Eisenbahnlinie Kassel – Bebra im Jahr 1849, dem Bau der Bahnstrecke von Bebra nach Hanau zwischen 1866 und 1873 sowie der Inbetriebnahme der Strecke von Bebra nach Göttingen 1867, befand sich Bebra fortan im Zentrum der neuen Verkehrswege auf der Schiene.

Die Einwohnerzahl vervierfachte sich innerhalb von ca. 70 Jahren von dereinst 1.300 auf über 5.000 Einwohner im Jahr 1946. Bebra entwickelte sich zu einer klassischen Eisenbahnerstadt. Der wichtigste Arbeitgeber war die Reichsbahn, später die Bundesbahn.

Die Stadtrechte erhielt Bebra am 20. September 1935 – also vor nun fast genau 90 Jahren.

Am 4. Dezember 1944 war Bebra Ziel eines Bombenangriffs. Der Bahnhof wurde dabei nur leicht beschädigt. Es gab etwa 64 Tote und zahlreiche Verletzte und Schäden in der Stadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich das Wachstum der Stadt Bebra, auch Dank der guten Verkehrsanbindung, ungebremst fort. Heute zählt Bebra etwa 13.000 Einwohner und bildet zusammen mit Rotenburg an der Fulda ein Mittelzentrum.

Bebra war eines der wichtigsten Fernverkehrshalte in Hessen, hier hielten alle wichtigen Fernzüge, ob D-Zug oder TEE, auch der legendäre „Blaue Enzian“ und jeder IC zwischen Hamburg und München machte hier Halt. Zwischenhalt machte in Bebra auch am 19. März 1970 der legendäre Kanzlerzug mit Willy Brandt auf seinem Weg in die damalige DDR nach Erfurt zu Willi Stoph – dem Beginn der deutsch-deutschen Annäherung. Und bevor in Erfurt die Rufe erklangen „Willy Brandt an's Fenster“ versammelten sich hunderte von Schaulustigen am Gleis 3 in Bebra. Der damalige Bundeskanzler erschien mit Zigarillo am Zugfenster des Diplomatensonderzuges D 41 301 und begrüßte die Bürger. Die damalige Bahnhofsgaststätte wurde kurzerhand sogar in ein Fernsehstudio umfunktioniert. Da wurde deutsche Geschichte geschrieben. Die sogenannte Berliner Kurve, eine Verbindungsstrecke die Reisezugläufe von Frankfurt ohne Fahrtrichtungswechsel in der Relation Halle/Leipzig, wurde nach 1945 durch die innerdeutsche Grenze kaum mehr genutzt und wegen Baufälligkeit eines Brückenbauwerkes sogar am 30. Oktober 1989 gesperrt.

Kaum vierzehn Tage später waren die innerdeutschen Grenzen gefallen, die Berliner Kurve bei Bebra-Blankenheim wurde in den Folgejahren wieder instandgesetzt und in vollem Umfang reaktiviert. Mit dem Fall der Mauer im November 1989 entfiel zudem noch die Funktion als Grenzübergangsbahnhof in Richtung Osten. Mit Bau und Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke Hannover – Göttingen - Kassel-Wilhelmshöhe – Fulda – Würzburg verlor der Bahnknotenpunkt Bebra, zumindest im Fernverkehr, zusehens an Bedeutung. Auch wenn fortan der Fernverkehr verstärkt an Bebra vorbeifuhr, die Bedeutung im Güterverkehr hingegen bleibt nahezu ungebrochen bestehen. Im Nah- und Regionalverkehr erlebte Bebra einen enormen Aufschwung und ist heute ein wichtiger Knotenpunkt in Hessen. Trotzdem gab es in den Folgejahren erhebliche Veränderungen und betriebliche Anpassungen in Bebra. Der Lokschuppen des Bebriebswerks Bebra war bis zur Auflösung des Betriebshofes 1997 samt Drehscheibe in Betrieb. Heute befindet sich im ehemaligen Lokschuppen 2 eine Eventhalle, die alte Drehscheibe wurde erst kürzlich als Fußgängerbrücke umgebaut. Auch Bebras markanter Wasserturm konnte als Industriedenkmal erhalten werden.
Der Bahnhof Bebra, also die Bahnsteiganlagen, wurde 2012 umgebaut, das Empfangsgebäude an die Stadt Bebra verkauft. Eine planerische und natürlich auch finanzielle Herkulesaufgabe stand nun bevor. Was mit so einem gewaltigen Bauwerk anfangen, das betrieblich nicht mehr notwendig war aber für die Stadt Bebra eine gewaltige Chance bot. Anderenorts kam schon oft die Abrissbirne zum Einsatz und machte mit historischer Bausubstanz kurzen Prozess.

Das 124 Meter lange und 13 Meter breite Inselgebäude wurde bei laufendem Bahnbetrieb aufwändig entkernt und umfassend modernisiert. Die Eröffnung erfolgte im November 2021. Neben einer Dauerausstellung über die Geschichte des Bahnhofs und die des Grenzverkehrs bietet der Bahnhof einen liebevoll gestalteten, etwa 80 Quadratmeter großem Warteraum mit historischen Elementen, der täglich für die Bahnreisenden zugänglich ist. Darüber hinaus bietet das Bahnhofsgebäude viel Platz für unterschiedlichste Nutzungen. „Co-Working-Space“ Büroarbeitsflächen sind ebenso entstanden wie Tagungsräume. Ja und auch wir von Pro Bahn und Bus waren 2022 hier eines der ersten Nutzer des Fürstensaals für unsere damalige Jahreshauptversammlung.

Es ist heutzutage nicht selbstverständlich das sich eine Kommune in dieser Art für ein Bahnhofsgebäude so stark engagiert. Hier ist nicht nur ein städtebaulich wichtiges und prägendes Gebäude erhalten geblieben sondern auch so aufgewertet worden, das es für kommende Generationen einen bleibenden Wert haben wird. Es ist gelungen Denkmalschutz, verkehrliche- und zukunftsweisende Nutzung zu vereinen, was so eine Vorbildfunktion hat.

Der Stadt Bebra gebührt Dank und Anerkennung für dieses Engagement. Daher verleiht der Deutsche Bahnkunden Verband den KULTURPREIS 2024 an den Bürgermeister der Stadt Bebra, Herrn Stefan Knoche.


für die Bürgerinitiative Bahnhof Seifhennersdorf stellvertretend an den Vorsitzenden Olaf Forker. Laudatio gehalten durch Dipl.-Ing. Andreas Franzke, stv. Landesvorsitzender Sachsen

Eigentlich müssten Sie einen Preis für die schnellste Umsetzung eines Eisenbahnprojektes in den letzten Jahrzehnten bekommen, denn in den letzten Jahren ist der Planungs- und Bauzeitraum bei Infrastrukturprojekten immer länger geworden.

Anders bei Ihnen, binnen weniger Wochen wurde ein Verein zur Rettung und Sanierung des Seifhennersdorfer Bahnhofs gegründet, Mittel zum Kauf und zur Sanierung des Bahnhofs eingeworben und das ruinöse Gebäudeensemble in einer Zwangsversteigerung erworben.

Glückwunsch zu dieser großartigen Leistung!

Stellvertretend für alle an diesem Erfolg Beteiligten darf ich hier Herrn und Frau Ortner benennen, die sich um die Planung und Fördermittelakquise gekümmert haben.

Aber zunächst mussten Sie, Herr Forkert, dem Dahinsiechen des einst stolzen Bahnhofsgebäudes von Seifhennersdorf zusehen, einem Gebäude eines einst wichtigen zunächst sächsisch / österreichischen und später deutsch / tschechischen Grenzbahnhofes würdig. Und ein Wunsch entstand, dem alten Bahnhofsgebäude wieder seinen alten Glanz zurückzugeben.

Der Tiefpunkt war erreicht, als zum Zeitpunkt der Geburt Ihrer Tochter keinerlei Zugverkehr zum Zittauer Krankenhaus mehr möglich war.

Dann öffnete sich in der Mitte des Jahres 2023 ein Fenster und ein Tag für die Wiederaufnahme des Zugverkehrs nach Seifhennersdorf war fix. Und kurz davor stand der Rest des Bahnhofsgebäudes in Flammen! Das war der letzte Auslöser und eine Vereinsgründung musste her, um den Bahnhof wieder in regionale Besitzverhältnisse zu holen, den Rest des Gebäudeensemble zu retten und den Wiederaufbau zu starten.

Am Anfang stand nur Ihre Vision und in Deutschland hat das Visionäre leider oftmals einen zweifelhaften Ruf. Trotzdem konnten Sie, Herr Forkert, ganz schnell weitere Mitstreiter für eine Vereinsgründung gewinnen, heute geben ca. 20 aktive Mitglieder dem Projekt ein Gesicht.

Der erste Meilenstein musste erreicht werden und die in Preußen ansässige Eigentümergemeinschaft für einen Verkauf des Grundstücks an die Region zu gewinnen. Am Ende wurde es auch auf Druck des Vereins eine Teilungsversteigerung, um die Eigentümergenmeinschaft des Bahnhofs auflösen zu lassen und so als Verein in das Eigentum dieses Gebäudes zu kommen.

Das war der noch nicht mal zwei Jahre kurze Anfang einer vielleicht großartigen Erfolgsgeschichte, die nun in ihre nächste (Bau-)Phase geht. Vorhandene Eigenmittel mit aufgestockten Fördergeldern, ein im positiven Sinne umtriebiger Schatzmeister und bereits eingereichte Bauanträge sind die Basis dafür.

Aktuell laufen Sicherungsmaßnahmen am Gebäude – einschließlich von Kontrollspaziergängen des nachts. Jetzt können weitere Arbeiten in die Hände von Baufirmen gelegt werden.

Der DBV würde sich freuen, wenn eine zukünftige Sitzung bereits schon im altehrwürdigen Gebäude stattfinden kann.

Als für den laufenden Betrieb der Eisenbahninfrastruktur Verantwortlicher sage ich auch für die Deutsche Regionaleisenbahn zu, unseren Anteil am Gelingen des Projekts beizubringen und den aktuellen Bahnbetrieb und hoffentlich auch in Aussicht stehende Verkehrsausweitungen zu garantieren, damit dem Gebäude auch zukünftig der Begriff „Bahnhof“ weiterhin zusteht.

Herzlichen Glückwunsch nochmals für Ihre bisherigen Erfolge und Alles Gute für die Zukunft!


Laudatio des Oberbürgermeisters Armin Müller auf die Naumburger Straßenbahn GmbH und ihren Geschäftsführer Andreas Plehn anlässlich der Ehrung mit dem „Schienenverkehrs-Preis 2024“ des Deutschen Bahnkunden-Verbandes e.V. am Dienstag, dem 8. April 2025, in Naumburg (Saale)


Sehr geehrter Herr Dr. Ruppert vom Bundesvorstand des Deutschen Bahnkunden-Verbandes, lieber Andreas Plehn, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, sehr geehrte Medienvertreter, sehr geehrte Straßenbahnfreunde aus Nah und Fern, sehr geehrte Festgemeinde,

es ist zum 90-jährigen Jubiläum der Naumburger Straßenbahn gewesen – so erinnert sich Andreas Plehn – als der damals 10-Jährige endgültig sein Herz an die Tram seiner Heimatstadt verlor. Zum Straßenbahn-Geburtstag hatte man seinerzeit den Wagenpark am Lindenring aufgestellt, was – wie er sagt – ein nachhaltig faszinierender Anblick für ihn gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt – wir schreiben das Jahr 1982 – habe das Kind den Vorsatz gefasst, Chef der Naumburger Straßenbahn werden zu wollen. Mission erfüllt, dürfen wir heute feststellen.

Wer, wie Andreas Plehn, in den 1970-er und 1980-er Jahren in Naumburg aufwuchs, der erinnert sich – so kann man hören –, dass eine Fahrt mit der Straßenbahn zu DDR-Zeiten im Normaltarif 20 Pfennige und ermäßigt einen Groschen kostete. Die passend zu zahlenden Münzen wurden beim Zustieg in getrennte Fächer einer mit Sichtfernstern versehenen Box eingeworfen, die an der Tür der Fahrerkabine angebracht war.

Welche Dienstleistung man mit dem Bezahlen der seinerzeit eher symbolischen Gebühr erkaufte, wurde vom Fahrpersonal bisweilen freihändig entschieden. Gebürtige Naumburger, die wie Andreas Plehn in den 1970-er und 1980-er Jahren jung waren, erinnern sich, dass sie als Schüler für einen Groschen oft mehrere Runden mit der Tram fahren konnten, wenn sie bei einem längeren Aufenthalt, etwa am Hauptbahnhof, nicht aufgefordert wurden, den Wagen zu verlassen und neu zuzusteigen.

Wer vor vier oder fünf Jahrzehnten in Naumburg Kind war, erinnert sich auch, dass die Straßenbahn – seinerzeit liebevoll „Ille Bimm“ oder kurz „Ille“ (dem Kürzel für „Elektrische“) genannt – stets ein dankbares Objekt beim Spielen war. Man legte etwa Fünf-Pfennig-Stücke auf die Schienen, ließ sie von der Straßenbahn überrollen und erfreute sich an dem breit ausgewalzten Aluminium, das nicht mehr erkennen ließ, dass es ein kaufkräftiges Zahlungsmittel war: Denn für fünf DDR-Pfennige bekam man seinerzeit immerhin ein Bäckerbrötchen.

Und jene, die besonders mutig waren, liefen beim Versteckspiel neben der Bahn her, um ihren Standort zu verändern, wenn der oder die Suchende sie bereits als „verbrannt“ ausgerufen hatte. Das war in Zeiten mit übersichtlichem Autoverkehr problemlos möglich.

Diese kollektiven Erinnerungen aus DDR-Zeiten – die ich hier mittelbar wiedergebe – sind Teil der inzwischen 133 Jahre umfassenden Geschichte der Naumburger Straßenbahn, die im im Jahr 1892 ihren Lauf durch Raum und Zeit begann und zu deren prominentesten Benutzern etwa Friedrich Nietzsche und seine Mutter Franziska sowie Elsa Asenijeff, die Schriftstellerin und Lebensgefährtin des Künstlers Max Klinger, gehörten.

Erinnerungen an seine Zeit als Passagier zu DDR-Zeiten, wie die oben zitierten, kann so oder so ähnlich auch Andreas Plehn erzählen. So ließ er als Kind keine Gelegenheit ungenutzt, in das Straßenbahndepot zu schauen, wenn ihn die Wege mit Eltern oder Großeltern daran vorbeiführten. Die Tore geöffnet, herrschte dennoch ein faszinierendes Halbdunkel in der nach Schmiermitteln riechenden Wagenhalle, die – auch das ist faszinierend – ursprünglich als Reithalle des preußischen Militärs errichtet wurde und vor ihrer Umwidmung als Straßenbahn-Depot als Winterquartier für den Zirkus Renz diente.

Auch benutzten der kleine Andreas Plehn und sein Großvater die Tram, wenn Glasermeister Michael Schulze alljährlich im Dezember seine Räume in der Bahnhofstraße für das Publikum öffnete, in denen er in jahrelanger Arbeit die größte private Modelleisenbahn-Anlage im Maßstab H0 der DDR gebaut hatte. Ein Titel übrigens, der Herrn Schulze im Jahr 1983 in der DDR-Fernseh-Show „Wenn schon, denn schon“ verliehen wurde.

Aus dem kleinen Zaungast Andreas Plehn wurde 1989 ein aktiver Freund und Förderer der Tram seiner Heimatstadt und das Straßenbahndepot fortan quasi seine zweite Heimat.
Die vergangenen drei Jahrzehnte hat Andreas Plehn – dem bis heute in Sachen Straßenbahn ein jugendlicher Tatendrang eigen ist – nicht nur intensiv miterlebt, sondern zu großen Teilen auch mitgeprägt: Beginnend als ehrenamtlicher Tram-Enthusiast, heute als Geschäftsführer der 1994 gegründeten und bis 2007 ehrenamtlich geführten Straßenbahn GmbH.
Eine der ersten Aktionen, an der Andreas Plehn als junger Enthusiast teilnahm war eine Ende 1989 gestartete Unterschriften-Kampagne, mit der man in der Spätphase der DDR – wenig bekannt – verhindern wollte, dass unsere Straßenbahn durch O-Busse, also Oberleitungsbusse, ersetzt würde. Ein Projekt, das mit der DDR verschwand.

Im Jahr 1991 war Andreas Plehn auch Mitbegründer und zeitweiliger Vorsitzender des Vereins Nahverkehrsfreunde Naumburg-Jena. Bis heute ist er Mitglied des Vereins, dessen Ziel es ist, die „Zukunft der Naumburger Straßenbahn zu sichern und den historischen Fuhrpark in Naumburg und Jena zu erhalten“. Wie gut das gelingt, zeigt etwa das Beispiel des Lindner-Triebwagens aus dem Jahr 1928, in dem sich Ende Mai erstmals ein Paar das Ja-Wort geben wird. Denn unsere Straßenbahn ist künftig auch ein Ort für Trauungen.
Doch zurück in die ersten Jahre nach der deutschen Einheit: Sich für den Erhalt der Naumburger Straßenbahn einzusetzen war Anfang der 1990-er Jahre umso dringender, da damals die politische Meinung in der Bundesrepublik (und auch in unserer Stadt) vorherrschte, dass Kommunen unter 100.000 Einwohner keine Tram benötigen würden, sondern die Einrichtung von innerstädtischen Buslinien effizienter sei. In den vergangenen Jahrzehnten hat – auch eingedenk globaler politischer Krisen, die oft auch Energiekrisen sind – ein Umdenken eingesetzt.

Die Naumburger Straßenbahn blieb, dank des Wirkens von Andreas Plehn und seiner zahllosen Mitstreiter, nicht nur erhalten, sondern ist auch ein Erfolgsmodell für den öffentlichen Personen-Nahverkehr: Heute auf einer Strecke von 2,9 Kilometern mit neun Haltestellen im Pendelverkehr zwischen Salztor und Hauptbahnhof unterwegs, beförderte unsere „Ille“ im vergangenen Jahr 298.000 Fahrgäste. Dieser Rekord könnte im laufenden Jahr überboten werden. Das ist erfreulich, stimmt die Naumburger Straßenbahn GmbH aber auch nachdenklich. Denn es zeichnet sich ab, dass man bald nicht mehr alle Fahrgäste wird befördern können. Deshalb brauche es neue Ideen, um die Straßenbahn für die Zukunft und damit für den zu erwartenden wachsenden Anstieg der Fahrgastzahlen zu ertüchtigen. Diese Ideen sind seitens der GmbH konzeptionell bereits weit gediehen und in jedem Fall bedenkenswert.

Heute erhält Andreas Plehn den „Ehren-Preis zum Deutschen Schienenverkehrs-Preis 2024“. Wie er sagt: stellvertretend für das kleine Unternehmen und alle Mitarbeiter. Vom Deutschen Bahnkunden-Verband als Preisstifter wird er geehrt „für sein unermüdliches und herausragendes Engagement zum Erhalt und der Entwicklung der Naumburger Straßenbahn“.

Der Begründung für die Auszeichnung kann ich nur beipflichten. Ich schätze Andreas Plehn – seit nunmehr fast 30 Jahren – als Mensch und Macher. Immer freundlich im Ton, aber bestimmt in der Sache, tritt er für die Naumburger Straßenbahn ein, die sein Leben ist. Er hat erheblichen Anteil am Erhalt und Betrieb sowie an der weiteren Entwicklung der Tram als Teil des öffentlichen Nahverkehrs in der Stadt Naumburg. Dass diese Verdienste auch in Berlin gewürdigt werden, ist erfreulich und mag das kleine Verkehrsunternehmen in seinem Tun bestärken.

Jede Stadt, die heute noch ihre Straßenbahn hat, kann von Glück sagen. Denn wir erinnern uns, dass westdeutsche Städte wie Naumburgs Partnerstadt Aachen sowie Hagen, Hamburg, Kiel oder auch Stralsund in der damaligen DDR ihre Straßenbahnen leider für entbehrlich hielten und den Fahrbetrieb einstellten, sich heute aber alle wünschen würden, einen umweltschonenden ÖPNV mit Straßenbahn anbieten zu können.

In Kiel zumindest gibt es – um den Klimaschutz und die Lebensqualität zu verbessern – Bestrebungen, wieder eine Straßenbahn zu etablieren. Die erste Linie der Kieler Tram soll 2034 in Betrieb gehen. Das aber hat heutzutage seinen Preis. Für den ersten Bauabschnitt rechnet die Landeshauptstadt Kiel mit Gesamtkosten in Höhe von 564 Millionen Euro. Man wird, wenn dieses ambitionierte Projekt Erfolg hat, mit Freude und, in Zeiten klammer Stadtkassen, auch mit Neid nach Kiel blicken. (Mehr: www.kiel.de/de/umwelt_verkehr/kiel_bewegt_sich.php).

Die Konzepte jedoch, die Andreas Plehn für die Naumburger Straßenbahn hegt, sind wesentlich bescheidener, aber von der Stadt Naumburg und dem Burgenlandkreis wohl dennoch nicht so ohne Weiteres zu erfüllen. Sei es nun die Wendeschleife im Umfeld des Hauptbahnhofs oder, weit voraus gedacht, der erhoffte Ringschluss, der das Alleinstellungsmerkmal der Straßenbahn wiederherstellen würde, die einzige Ringbahn Europas zu sein.

Heute fahren und an das Morgen denken: Die Naumburger Straßenbahn zukunftsfähig zu machen, heißt für Andreas Plehn eben auch, nicht nur deren Status Quo zu halten, sondern die Straßenbahn als Teil des ÖPNV auch perspektivisch zu entwickeln. Und er wird auch nicht müde, die politisch Verantwortlichen daran zu erinnern, dass fehlende Entwicklung zum Stillstand führt. Mit nicht nachlassender Energie vertritt er die Anliegen der Straßenbahn, und genau dafür wird er hier und heute vom Deutschen Bahnkunden-Verband geehrt.

Um den Bogen zum Beginn dieser Ausführungen zu schlagen, in denen es um die Straßenbahn-Erinnerungen all jener ging, die, wie Andreas Plehn, in den 1970-er und 1980-er Jahren Kinder waren, sei noch ein kurzer, lyrischer und „Unsere Ille“ betitelter Text zitiert, den ich jüngst in die Finger bekam:

Unsere Ille
Es heißt, in jeder Kurve
erzähle das Quietschen
eine andere Geschichte
aus mehr als hundert Jahren,
in denen die Tram einen Ring beschrieb,
der unsere Welt und für einen
Groschen erfahrbar war.

Lieber Andreas Plehn, ich freue mich, dass Du stellvertretend für die Naumburger Straßenbahn GmbH ausgezeichnet wirst. Und ich danke dem Deutschen Bahnkunden-Verband mit Sitz in Berlin für den bemerkenswerten Weitblick, das Wirken der Naumburger Straßenbahn GmbH und ihres Geschäftsführers Andreas Plehn für auszeichnungswürdig zu halten.
Wir danken Ihnen auch, sehr geehrter Herr Vereinspräsident Curth, dass der Deutsche Bahnkunden-Verband so zuvorkommend war, diese Ehrung, die zunächst in Berlin geplant war, in Naumburg auszutragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, um es kurz zu machen: Der heutige 8. April 2025 ist ein guter Tag für unsere Straßenbahn und damit auch für unsere Stadt Naumburg!
Lieber Andreas Plehn, stellvertretend für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Naumburg – die zum nicht geringen Teil auch dankbare Fahrgäste der Straßenbahn sind – gratuliere ich Dir und Deinen Mitstreitern zur Auszeichnung mit dem Schienenverkehrs-Preis des Deutschen Bahnkunden-Verbandes!

Herzlichen Glückwunsch!

 

 

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