28.4.2025 Pressemitteilung von Prellbock Altona e. V. zum neuen Koalitionsvertrag
Zunächst fällt in dem 148-seitigen Papier ein Satz ins Auge, der eher rückwärtsgewandt wirkt:
„ Das Auto ist und bleibt ein relevanter Verkehrsträger in Hamburg [….] es erfolgt kein pauschaler Rückbau von Fahrspuren, Busbuchten oder Parkplätzen. Vielmehr werden bei Umbaumaßnahmen im Straßenraum regelmäßig die Auswirkungen auf den MIV, den Wirtschaftsverkehr und den ruhenden Verkehr untersucht, transparent dargelegt und im Sinne einer Optimierung der Gesamtmobilität beachtet.“
Ganze drei Seiten werden dem Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) gewidmet. Dabei dominiert das sture Festhalten an fragwürdigen Großprojekten und die Verweigerung pragmatischer Lösungen:
• Eine U5, deren Weiterbau über den Bahnhof Borgweg hinaus finanziell nicht gesichert ist, lange Zeit riesige Innenstadtbaugruben erzeugen wird und die Menschen später nur wieder zum jetzt schon völlig überlasteten Hauptbahnhof zwingt.
• eine S6 nach Lurup, vorbehaltlich einer Finanzierung durch den Bund, deren Baubeginn in weite Ferne gerückt ist und deren Anbindung an das bestehende S-Bahnnetz unklar bleibt.
• eine Verlegung des Fern- und Regionalbahnhofs Altona nach Diebsteich gegen den ausdrücklichen Wunsch der Bevölkerung, mit Kapazitätsminderung und fehlender Anbindung an den Oberflächenverkehr, vermutlich ohne Bahnhofsgebäude und ohne geplantes Umfeld.
• eine dringend benötigte Entlastung des Hauptbahnhofs wird nicht vorgenommen, die einfach durchzuführende Durchbindung der Regionalzüge zwischen Niedersachsen und Schleswig-Holstein weiterhin verweigert.
• hinzu kommt die höchst fragwürdige Idee, eine Hyperloop-Versuchsstrecke zu bauen.
Interessant sind einige Nebensätze, die auf Möglichkeiten hindeuten, dass von Initiativen wie Prellbock vorgebrachte Verbesserungen zumindest diskutiert werden:
• Bei der Verlängerung der U4 nach Süden Richtung Harburg soll das Verkehrsmittel ergebnisoffen(?) ermittelt werden – ist das der Startschuss für eine Stadtbahnlinie? Aber hier scheint sie viel weniger als an anderer Stelle gebraucht zu werden!
• bei der S4 ist nur noch von einer Strecke bis Rahlstedt die Rede. Anzeichen von Vernunft?
• der irrsinnige „Verbindungsbahnentlastungstunnel“ scheint beerdigt worden zu sein, aber wie will man die Probleme lösen, die zu seiner Idee geführt haben?
• es soll zusammen mit Schleswig-Holstein geprüft werden, „auf Teilen der Güterumgehungsbahn SPNV“ zu ermöglichen. Aber seit 2021 läuft diesbezüglich bereits eine Studie, wann wird endlich das Ergebnis veröffentlicht?
• sehr schwammig: „Für den überregionalen Schienenverkehr werden wir den Eisenbahnknoten Hamburg weiterhin zukunftsfähig, resilient und bedarfsgerecht ausbauen“. Könnte sich dahinter die dringend
benötige 2. Elbquerung verbergen?
Positiv: Das Bekenntnis zum D-Ticket, zum kostenfreien Schülerticket und zum Ausbau der Expressbuslinien – sowie zum barrierefreien Ausbau aller Schnellbahnhaltestellen bis 2029. Auch auf die große Bedeutung des Schienengüterverkehrs wird hingewiesen, ohne allerdings konkrete Vorschläge zu präsentieren.
Erstaunlich: Die Bedeutung des Schienenverkehrs für den Klimaschutz wird mit keinem Satz erwähnt, eine Klimabilanz der aufwändigen Großprojekte nicht aufgestellt.
Fast alles, was hier vertraglich niedergelegt wurde, hängt an der Finanzierung des Bundes. Hier wurde jetzt zwar viel Geld durch „Sondervermögen“ herbeigezaubert – aber damit erhöhen sich auch allüberall die Ansprüche. Klüger wäre es gewesen, statt der klimaschädlichen Großprojekte auf schnellere, bezahlbare, pragmatische Lösungen zu setzen, wie sie von Initiativen wie Prellbock seit Jahren beschrieben und gefordert werden.
Dazu Michael, Jung, Sprecher der Bürgerinitiative Prellbock Altona e. V.:
„Das rot-grüne Koalitionspapier ist einerseits ein Dokument der Mutlosigkeit, andererseits vielleicht der Abgesang auf einige Projekte wie den Verbindungsbahn-entlastungstunnel, die der alte Senat jahrelang gepusht hatte. Zu bestimmten Projekten scheint sich eine Kehrtwende abzuzeichnen, aber eine konsequente Hinwendung zur Wiedereinführung der Straßenbahn in Hamburg bleibt aus. Zu fehlgeschlagenen Projekten herrscht beredtes Schweigen. Offensichtlich erscheint auch nach Elbtower und Überseequartier-Flop die Strahlkraft des früheren stadtplanerischen Vorzeigeprojektes Diebsteich erloschen zu sein. Bahnhofshochhäuser, Stadion und Musikhalle werden mit keinem Wort erwähnt! Aussagen zu einem offenen Dialog auf Augenhöhe mit kritischen Iniativen und Fahrgastverbänden über die künftige Verkehrspolitik in Hamburg sucht man vergebens.“
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