Karte mit Verlängerung der Strecke Bremerhaven - Bad Bederkesa Zeichnung: Einfach Einsteigen
Karte mit Verlängerung der Strecke Bremerhaven - Bad Bederkesa

Im August hat der parlamentarische Lenkungskreis des Landes Niedersachsen, in dem Einfach Einsteigen vertreten ist, die zweite Stufe ihrer Reaktivierungsuntersuchungen abgeschlossen. Die Bahnstrecke Bremerhaven–Bad Bederkesa gehörte dabei zu den Gewinnern. In der Reaktivierungsuntersuchung der Landesnahverkehrsgesellschaft gehört sie nicht nur zu den sechs Strecken, die als förderfähig eingestuft wurden. Mit einem Nutzen-Kosten-Index von 10,86 für den Gesamtabschnitt und 50,25 im Teilstück Bremerhaven–Langen weist sie zudem die beste Wirtschaftlichkeit aller untersuchten Projekte auf.

Das ist eine historische Chance für die Region. Kommunalpolitiker*innen in anderen Teilen Niedersachsens, deren Strecken aktuell als nicht förderfähig gelten, würden sich genau solche Befunde und Förderperspektiven wünschen. Umso unverständlicher ist es, dass Landrat Thorsten Krüger als Eigentümer großer Teile der Trasse und als regionaler ÖPNV-Aufgabenträger bislang vor allem auf die „gute Busverbindung“ verweist, den konkreten Nutzen der Bahnreaktivierung bezweifelt und die Finanzierbarkeit durch den Landkreis in Frage stellt – obwohl der Bund bei Reaktivierungen bis zu 90 Prozent der Kosten übernimmt.

Statt den Rückenwind aus Hannover zu nutzen, kündigt der Landrat zunächst eine zusätzliche Studie an. Das mag bequem wirken, kostet aber vor allem Zeit – und Zeit ist hier bares Geld und verlorene Wirkung. Denn während Aktenordner gefüllt werden, bleiben reale Vorteile ungehoben: bessere Erreichbarkeit, neue Fahrgastströme, ein stärkerer Einzelhandel, mehr touristische Nachfrage und echte Standortvorteile für Betriebe, die Fachkräfte gewinnen wollen.

Wie stark diese Effekte sind, zeigt eine jüngst veröffentlichte Studie des Zukunftsclusters MCube unter Leitung der TU München: Jeder in den ÖPNV investierte Euro erzeugt einen dreifachen volkswirtschaftlichen Nutzen. Gleichzeitig entlastet mehr Schiene die öffentlichen Haushalte, weil Folgekosten des Autoverkehrs – von Unfällen über Lärm bis zu Umwelt- und Klimaschäden – sinken. Eine reaktivierte Bahn stärkt den lokalen Einzelhandel und den Tourismus, erweitert den Arbeitsmarkt-Radius für Fachkräfte und belebt so die regionale Wirtschaft. Sie schafft zudem das, wofür die Sozialdemokratie traditionell steht: soziale Teilhabe und niedrigere Mobilitätsbarrieren für alle Generationen – gerade in einer alternden Gesellschaft. Und nicht zuletzt sind weniger Pkw-Fahrten ein greifbarer Beitrag zu Klimaschutz und Lebensqualität.

Zum Glück gibt es in der Region aber auch Stimmen, die handeln wollen: Der junge Lehramtsanwärter Marius Joachims kandidiert für das Amt des Vorsitzenden des Museumsvereins Bad Bederkesa, der die Strecke derzeit betreibt. Er hat einen konkreten Plan für eine Bürgerbahn vorgelegt, möchte eine GmbH gründen und gemeinsam mit Privatpersonen, Unternehmen und Kommunen rund 12,2 Millionen Euro in eine erste Instandsetzungsphase investieren. Sein Mut und sein Pragmatismus zeigen, wie viel schneller wir vorankommen können, wenn wir nicht auf ferne Entscheidungen warten, sondern Verantwortung vor Ort übernehmen.

Noch ist die Chance nicht vertan. Aber sie will ergriffen werden – mit Klarheit, Tempo und dem Willen, das Offensichtliche endlich möglich zu machen.

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