Vor einem ausfahrenden Regionalzug wird ein Handy mit dem Startbildschirm für das 49 Euro-Ticket gehalten.
Vor einem ausfahrenden Regionalzug wird ein Handy mit dem Startbildschirm für das 49 Euro-Ticket gehalten.

Sehr geehrter Herr Bundesverkehrsminister Dr. Wissing,

es war für die Gesetzgeber im Bund und den Bundesländern, den Verkehrsunternehmen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Unternehmen und Verwaltungen eine große Kraftanstrengung, innerhalb kurzer Zeit die Voraussetzungen für die Einführung eines deutschlandweiten, einheitlich gültigen Nahverkehrstarifes zu schaffen. Der Enthusiasmus der Beteiligten, das Projekt auf keinen Fall scheitern zu lassen und dafür auch ein großes finanzielles Risiko einzugehen, überwog glücklicherweise. Abgesehen von einigen technischen Problemen in der Anfangszeit war und ist das Deutschlandticket ein Erfolg, der inzwischen sogar europaweit Interesse findet. Das Deutschlandticket, mithin ein Stück auch Ihr Erfolg, macht das Bahn- und Busfahren einfacher und bequemer.

Nun hat der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) festgestellt, dass für 2024 mit einem Delta von etwa 400 Millionen Euro zu rechnen ist, wenn, wie in § 9 Regionalisierungsmittelgesetz festgeschrieben, Bundesfinanzministerium und Bundesländer bei ihrem Ausgleichsanteil bleiben. Gleichzeitig haben sich jüngst die Verkehrsminister der Bundesländer bereit erklärt, von diesen prognostizierten „ungedeckten“ Einnahmeausfällen die Hälfte (also 200 Millionen Euro) zusätzlich zu übernehmen, wenn Sie die andere Hälfte – also nochmals 200 Millionen Euro - aus dem Bundeshaushalt übernehmen.

Stattdessen haben Sie in mehreren Interviews deutlich gemacht, dass Sie nicht bereit sind, bis 2025 über die weitere Finanzierung zu sprechen und darauf verwiesen, dass die Bundesländer ihre vorhandenen Einsparpotenziale nutzen sollen - zum Beispiel durch die Zusammenlegung von Verkehrsverbünden. Dieses Potenzial sehen wir durchaus auch, bezweifeln aber, dass es ausreichen würde, um die möglichen 400 Millionen kurzfristig Euro auszugleichen.

Auf dem letzten Bundesverbandstag haben sich unsere Mitglieder einstimmig dafür ausgesprochen, Ihren Vorschlag zu unterstützen, dass die Bundesländer ihre Effizienz durch Zusammenlegen von bestehenden Verkehrsverbünden steigern. Da sich aber inzwischen nicht alle Bundesländer mehrere Verbünde leisten, sondern hier schon das aufgezeigte Einsparpotenzial ausgeschöpft haben, läuft dieser Vorschlag ins Leere!

Den Hinweis auf die Erhöhung der pauschalen Regionalisierungsmittel ab 2020 für die Bundesländer, mit der Sie ebenfalls die Aufstockung des eigenen Beitrags ablehnen, halten wir ebenfalls für ungeeignet. Denn zum damaligen Zeitpunkt 2019 und 2020 war allen Beteiligten klar, dass diese Gelder nur als Beitrag für die bestehende Unterfinanzierung des ÖPNV verwendet werden und nicht für später zu vereinbarende Tarifangebote.

Sehr geehrter Herr Dr. Wissing, wir fordern Sie auf,

  1. die Weiterführung des Deutschlandtickets über den 1.1.2024 hinaus mit der Übernahme der hälftigen Mehrkosten abzusichern,
  2. für die Gegenfinanzierung den im Koalitionsvertrag vereinbarten Abbau von klimaschädlichen Subventionen und Ausgaben heranzuziehen,
  3. gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen, den Aufgabenträgern und den Kundenverbänden das Deutschlandticket weiterzuentwickeln und zu verbessern,
  4. durch einen ausreichenden Beitrag zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs dafür zu sorgen, dass auch in ländlichen Regionen Bahn und Bus eine tatsächliche Alternative zur Autonutzung wird,
  5. die bestehenden Zugangshürden zur Nutzung des Deutschlandtickets abzubauen (z. B. Abo- und Digitalzwang, die einen spontanen Kauf verhindern).

Die Neuordnung der Gesamtfinanzierung sollte unserer Meinung nach losgelöst von Fragen zum Deutschlandticket behandelt werden. Der Deutsche Bahnkunden-Verband e. V. kritisiert die hier seit vielen Jahren übliche Verwendung von Regionalisierungsmitteln durch die Bundesländer für den ÖPNV.

Mit freundlichen Grüßen

Gerhard J. Curth
Präsident

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