Bahnhof Altona, grüner Doppelstockzug nach Kiel Hbf der DB am Bahnsteig 10 mit einem Reisenden, der den Bahnsteig entlanggeht und digitaler Anzeigetafel. Bahnhof Altona. Foto: Prellbock Altona.
Bahnhof Altona, grüner Doppelstockzug nach Kiel Hbf der DB am Bahnsteig 10 mit einem Reisenden, der den Bahnsteig entlanggeht und digitaler Anzeigetafel.

23.4.2025 Pressemitteilung von Prellbock Altona e. V. zur strategisch wichtigen Lage des Bahnhofs Altona

„Kopfbahnhöfe sind Mist“ war vor 25 Jahren das Mantra von Bahnchef Mehdorn. Die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Schröder hatte ihn ins Amt gehievt und unterstützte folglich vorbehaltlos seinen Kurs, alle Kopfbahnhöfe in Deutschland abzuschaffen. Für Mehdorn waren Kopfbahnhöfe ein Relikt aus der Dampflokzeit. So das Verständnis eines Managers, der aus der Luftfahrtindustrie kam und von Bahn keine Ahnung hatte. Kurzsichtig wurde nur die angebliche Zeitersparnis bei Durchgangsbahnhöfen betrachtet, ohne zu verstehen, dass Bahnverkehr anders funktioniert als Luftfahrt und Kopfbahnhöfe einfach sehr viel mehr Flexibilität und Resilienz für den Bahnverkehr bieten. Eilfertig wurde die Schleifung der wichtigsten Kopfbahnhöfe geplant. Von diesen Projekten schafften es allerdings nur zwei, nämlich Stuttgart 21 und Hamburg-Altona, das Stadium eines Planfeststellungsbeschlusses zu erreichen. Alle anderen Projekte wurden in der Regel von der lokalen Politik für undurchführbar erklärt und folglich abgeblasen, obwohl es seitens der Tunnelbohrmafia und der Bauwirtschaft in letzter Zeit wieder verstärkt Versuche gibt, die vor 20 Jahren abgesagten Projekte wiederzubeleben.

Prellbock stellt deshalb fest

Kopfbahnhöfe haben für die Reisenden ganz entscheidende Vorteile:

  • Sie haben kurze Zugangswege vom Straßenniveau zu den Gleisen,
  • sie sind barrierefrei,
  • sie erlauben stressfreies Einsteigen besonders für mobilitätseingeschränkte Reisende, Familien mit Kinderwagen, Radfahrer und Reisende mit viel Gepäck durch die zeitige Bereitstellung der Züge,
  • sie beschleunigen Umsteigevorgänge, weil Reisende keine Treppen überwinden oder (häufig nicht funktionierende) Fahrstühle nutzen müssen.

Für den Bahnbetrieb haben Kopfbahnhöfe ebenfalls wichtige Vorteile, besonders, wenn sie wie Altona am Ende des fahrplanmäßigen Laufweges eines Zuges liegen:

  • Sie erlauben eine zeitgerechte Zugbereitstellung und entlasten damit die Bahnbetriebswerke,
  • sie erlauben das Abpuffern von Verspätungen, indem verspätet ankommende Züge nicht in die Bahnbetriebswerke überführt, sondern vor Ort gereinigt werden und damit pünktlich für die nachfolgende Fahrt zur Verfügung gestellt werden können,
  • sie ermöglichen effiziente Drehfahrten, das heißt: wenn aus betrieblichen Gründen der Zug in umgekehrter Wagenreihung ankommt, kann er schnell gewendet werden. Ohne den Kopfbahnhof Altona könnten diese Zugdrehungen in Hamburg nur mit einer 50 Kilometer langen Umwegfahrt erfolgen.

Die wichtigsten Kopfbahnhöfe in Deutschland sind nach Hamburg-Altona: Kiel, Leipzig, Frankfurt/Main, Wiesbaden, Stuttgart und München.

Auch im europäischen Ausland gibt es große Kopfbahnhöfe – in der Schweiz Zürich HB, in Paris ein halbes Dutzend: Gare du Nord (nach Passagierzahl der größte Bahnhofs Europas), Gare de l‘Est, Gare de Lyon, Gare d’Austerlitz, Gare Montparnasse und Gare Saint-Lazare, in den Niederlanden den Hauptbahnhof von Den Haag, in London ein volles Dutzend, darunter die großen Bahnhöfe St. Pancras, King‘s Cross, Euston, Waterloo, Victoria und Paddington, in Spanien Madrid Atocha und in Italien unter anderem in Rom, Neapel, Mailand, Florenz und Venedig.

Kopfbahnhöfe gibt es überall dort, wo aus geografischen Gründen Bahnlinien enden. Das ist in den Bergen und an der See der Fall. So in Cuxhaven, Wilhelmshaven, Westerland, Travemünde Strand, Warnemünde, Heringsdorf, Bremen-Vegesack, Lindau, Oberstdorf, Füssen, Friedrichshafen-Hafenbahnhof, Bad Harzburg. Im Ausland sind es die prominenten Fährbahnhöfe Hoek von Holland und Vlissingen in den Niederlanden, Ostende in Belgien und Dünkirchen in Frankreich. Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Es zeigt sich: Kopfbahnhöfe sind kein „Auslaufmodell“ wie es der DB Vorstand immer behauptet.

Wichtige Kopfbahnhöfe in Deutschland wurden in den vergangenen Jahrzehnten für die S-Bahn und/oder Regionalverkehr untertunnelt, um eine Öffnung in die Innenstädte hinein zu erreichen und Umsteigevorgänge am Kopfbahnhof in den Stadtverkehr zu reduzieren. So in Hamburg-Altona mit der City-S-Bahnlinie, in Leipzig, in Frankfurt, Stuttgart und München

Werden Bahnhöfe, die technisch als Durchgangsbahnhöfe konzipiert sind, betrieblich als Kopfbahnhöfe genutzt, dann werden sie zu einem Engpass. Das gilt insbesondere für den Hamburger Hauptbahnhof, in dem zwei Drittel aller Züge, nämlich alle 12 RE/RB-Linien, dort wenden – im Bahnjargon „Kopf machen“ – und in die Richtung, aus der sie gekommen sind, zurückfahren. Diese Betriebsweise ist ein wesentlicher Grund für die Überlastung des Hamburger Hauptbahnhofs. Prellbock Altona hat schon vor drei Jahren eine Studie vorgelegt, wie durch die Durchbindung von 6 RE/RB-Linien zu drei starken Durchmesserlinien der Hauptbahnhof ganz maßgeblich von Umsteigevorgängen entlastet werden kann. Und das verbunden mit teils erheblichen Fahrzeitverkürzungen, unter Nutzung des vorhandenen Zugmaterials sowie ohne Vorabinvestitionen! Die offizielle Reaktion darauf: Schulterzucken und ein magerer Gegenvorschlag, dass man vielleicht zukünftig die Durchbindung von einer Linie nur zur Hauptverkehrszeit prüfen wolle. Im Klartext: Man will nicht!

Fazit

Der Kopfbahnhof Altona ist bestens geeignet, ohne riesige Investitionen den Hauptbahnhof schnell und wirksam zu entlasten und zu ergänzen. Er hat genügend Reservekapazitäten und kann mit zusätzlichen Investitionen, wie dem Bau der 2. Eisenbahnelbquerung im Hamburger Westen zu einem Zwilling des Hauptbahnhofes werden. Das ist nicht nur bei Störfällen, sondern auch im tagtäglichen Betrieb von besonderer Bedeutung.

Es ist hinlänglich bekannt, dass eine gleistechnische Erweiterung des Hamburger Hauptbahnhofs nur mit einem irrsinnig hohen Aufwand und einer Bauzeit von mehr als 10 Jahren möglich ist. Warum aufwändig und teuer sowie verbunden mit enormen Belästigungen für Reisende und Anwohner, wenn es auch einfacher geht?

Prellbock fordert daher

  1. Grundsatz muss sein, alle Verkehre, die nicht zwingend zum Hauptbahnhof müssen, um diesen herum zu leiten.
  2. Durchbindung der folgenden RE/RB-Linien am Hamburger Hauptbahnhof: RE 7 und RE4 zur Linie Flensburg/Kiel-Bremen, RE70 und RB 41 zu Kiel – Bremen sowie RE 3 und RB 61 zu Hannover/Uelzen/Lüneburg – Itzehoe. Dies ist im Grunde sofort und ohne Vorabinvestitionen möglich.
  3. Schrittweise Ertüchtigung der Verbindungsbahn durch einen weiteren Bahnsteig am Dammtor, aufgeständert auf der Südseite des Bahnhofs (Dag Hammarskjöld-Platz) mit Zufahrtsgleis ab Rentzelstraße sowie ein zusätzliches Zufahrtsgleis ab Lombardsbrücke zu dem Bahnsteig 13/14 am Hauptbahnhof und ein Überwerfungsbauwerk am Südkopf des Hauptbahnhofs.
  4. Bau der 2. Eisenbahn-Elbquerung für die S-Bahn und den schnellen Regionalverkehr zwischen Altona und Harburg. Diese Gleise kämen in Altona in der Ebene -3 an.
  5. Zweigleisiger Ausbau der Güterumgehungsbahn für den RE oder RB-Bahn-Verkehr mit einer Südausfädelung in Eidelstedt. Dies wäre der Grundstein für einen Bahn-Ring in Hamburg, der viele Ver-kehre am Hauptbahnhof vorbeiführen könnte.
  6. Schrittweise Umsetzung dieser Maßnahmen. Die schnell umsetzbaren und weniger teuren Projektelemente sollten zuerst in Angriff genommen werden.

Dazu Michael, Jung, Sprecher der Bürgerinitiative Prellbock Altona e. V.

Der jetzige Fern- und Regionalbahnhof Altona ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Eisenbahninfrastruktur in Hamburg. Falls der Bahnhof stillgelegt wird, werden sich die Schwierigkeiten und die Unpünktlichkeit im Hamburger Bahnverkehr weiter vergrößern. Die derzeit noch angedachten Megaprojekte, wie der Bau des Verbindungsbahnentlastungstunnels, werden keine Entlastung schaffen, sondern über Jahrzehnte den Bahn-verkehr in Hamburg belasten. Es ist und bleibt unverständlich, wieso die Politik in Hamburg die leicht umsetzbaren und weniger kostenintensiven Projekte, die zu einer Entlastung des Hauptbahnhofes wirksam beitragen können, nicht zuerst realisiert. Dazu gehört die Stärkung der Funktion des jetzigen Fern- und Regionalbahnhofs Altona. Dazu ist zwar seine Sanierung erforderlich, diese ist aber deutlich kostengünstiger als der falsch geplante und daher nutzlose Neubau am Diebsteich, der über Jahrzehnte ein Torso bleiben wird. Nach Jahren bahnpolitischen Stillstands muss eine ehrliche Diskussion darüber erfolgen, was den Bahnreisenden und den Anwohnern nutzt und was ihnen – wie die derzeitigen Megaprojekte – schadet. Wie wenig die Deutsche Bahn ihre eigenen Grundsätze befolgt, zeigt der Durchgangsbahnhof Hamburg Hauptbahnhof, der bei zwei Dritteln aller Zugbewegungen als Kopfbahnhof und Zugabstellanlage genutzt wird.

Zurück zur Übersicht

Unterstützen Sie uns mit einer Spende!

Unterstützen Sie uns. Werden Sie Mitglied!